Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Die Klä­ge­rin kauft Edel­me­tall­res­te von Zahn­arzt­pra­xen und Dental­la­bo­ren an. Hier­zu er­hebt sie aus öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen - wie z.B. den Gel­ben Sei­ten - Na­men und Vor­na­men des Pra­xis­in­ha­bers so­wie die Pra­xis­an­schrift nebst Te­le­fon­num­mer. Die von ihr ge­spei­cher­ten Kon­takt­da­ten nutzt sie, um durch ei­ne te­le­fo­ni­sche An­spra­che der Zahn­arzt­pra­xen und Dental­la­bo­re in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­spro­che­nen Edel­me­tal­le an sie ver­kau­fen möch­ten.


Im Ja­nu­ar 2017 ord­ne­te die Be­klag­te auf der Grund­la­ge des BDSG a.F. ge­gen­über der Klä­ge­rin an, die für den Zweck ei­ner te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che er­fol­gen­de Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung und Nut­zung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten von In­ha­bern von Zahn­arzt­pra­xen ein­zu­stel­len, so­fern nicht ei­ne Ein­wil­li­gung des Be­trof­fe­nen vor­liegt oder be­reits ein Ge­schäfts­ver­hält­nis mit ihm be­steht. Nach rechts­kräf­ti­ger Ab­wei­sung ih­rer hier­ge­gen er­ho­be­nen Kla­ge be­an­trag­te die Klä­ge­rin er­folg­los bei der Be­klag­ten un­ter Be­ru­fung auf die im Mai 2018 in Kraft ge­tre­te­ne Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung (DS­G­VO) die Auf­he­bung des Be­scheids vom Ja­nu­ar 2017.


Die hier­auf er­ho­be­ne Ver­pflich­tungs­kla­ge ist in den Vor­in­stan­zen oh­ne Er­folg ge­blie­ben. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat das Vor­lie­gen ei­nes Wie­der­auf­nah­me­grun­des nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SV­wVfG ver­neint. Durch die DS­G­VO ha­be sich die Rechts­la­ge nicht zu Guns­ten der Klä­ge­rin ge­än­dert. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO, der ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung vor­se­he, kön­ne nicht als Rechts­grund­la­ge für die Da­ten­ver­ar­bei­tung her­an­ge­zo­gen wer­den, da die te­le­fo­ni­sche Wer­be­an­spra­che man­gels ei­ner zu­min­dest mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung der an­ge­spro­che­nen Zahn­ärz­te nicht den An­for­de­run­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ent­spre­che. Wer­de die An­wend­bar­keit des Art. 6 Abs. 1 f DS­G­VO un­ter­stellt, be­stün­de un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG kein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Klä­ge­rin, so dass ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung zu ih­ren Las­ten aus­fie­le.


Mit der vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Klä­ge­rin ihr Be­geh­ren wei­ter.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 5/2025 vom 29.01.2025

Ver­ar­bei­tung der Kon­takt­da­ten von Zahn­arzt­pra­xen zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung oh­ne (mut­ma­ß­li­che) Ein­wil­li­gung un­zu­läs­sig

Wer in all­ge­mein zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen ver­öf­fent­lich­te Te­le­fon­num­mern von Zahn­arzt­pra­xen er­hebt und spei­chert, um un­ter Nut­zung die­ser Da­ten Te­le­fon­wer­bung zu be­trei­ben, kann sich nicht auf den in Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO ge­re­gel­ten Er­laub­nis­tat­be­stand der Wah­rung be­rech­tig­ter In­ter­es­sen be­ru­fen, so­fern nicht ei­ne zu­min­dest mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung der be­trof­fe­nen Zahn­ärz­te im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG vor­liegt. Dies hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Die Klä­ge­rin kauft Edel­me­tall­res­te von Zahn­arzt­pra­xen an. Hier­zu er­hebt sie aus öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen - wie z.B. den Gel­ben Sei­ten - Na­men und Vor­na­men des Pra­xis­in­ha­bers so­wie die Pra­xis­an­schrift nebst Te­le­fon­num­mer. Die von ihr ge­spei­cher­ten Kon­takt­da­ten nutzt sie, um durch Te­le­fon­an­ru­fe bei den Zahn­arzt­pra­xen in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­ru­fe­nen Edel­me­tal­le an sie ver­kau­fen möch­ten.


Im Ja­nu­ar 2017 ord­ne­te die be­klag­te saar­län­di­sche Lan­des­be­auf­trag­te für Da­ten­schutz und In­for­ma­ti­ons­frei­heit auf der Grund­la­ge des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes in der da­mals gel­ten­den Fas­sung ge­gen­über der Klä­ge­rin an, die für den Zweck ei­ner te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che er­fol­gen­de Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung und Nut­zung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten von In­ha­bern von Zahn­arzt­pra­xen ein­zu­stel­len, so­fern nicht ei­ne Ein­wil­li­gung des Be­trof­fe­nen vor­liegt oder be­reits ein Ge­schäfts­ver­hält­nis mit ihm be­steht. Nach rechts­kräf­ti­ger Ab­wei­sung ih­rer Kla­ge be­an­trag­te die Klä­ge­rin bei der Be­klag­ten un­ter Hin­weis auf die im Mai 2018 in Kraft ge­tre­te­ne Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung er­folg­los die Auf­he­bung des Be­scheids vom Ja­nu­ar 2017.


Die hier­auf vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt des Saar­lan­des er­ho­be­ne Ver­pflich­tungs­kla­ge hat­te kei­nen Er­folg. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt des Saar­lan­des wies die Be­ru­fung der Klä­ge­rin mit der Be­grün­dung zu­rück, ein Wie­der­auf­nah­me­grund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SV­wVfG lie­ge nicht vor. Durch die Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung ha­be sich die Rechts­la­ge nicht zu Guns­ten der Klä­ge­rin ge­än­dert. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO, der nun­mehr ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung vor­se­he, kön­ne nicht als Rechts­grund­la­ge für die Da­ten­ver­ar­bei­tung her­an­ge­zo­gen wer­den. Denn die te­le­fo­ni­sche Wer­be­an­spra­che ent­spre­che man­gels ei­ner zu­min­dest mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung der an­ge­spro­che­nen Zahn­ärz­te nicht den An­for­de­run­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Wer­de die An­wend­bar­keit des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO un­ter­stellt, be­stün­de un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG kein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Klä­ge­rin.


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin zu­rück­ge­wie­sen. Zwar ist der Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz hier grund­sätz­lich an­wend­bar. Bei der Be­ur­tei­lung, ob die Da­ten­ver­ar­bei­tung zur Wah­rung ei­nes „be­rech­tig­ten In­ter­es­ses" im Sin­ne die­ser Be­stim­mung er­folgt, sind je­doch die Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu be­rück­sich­ti­gen. Ob dies ge­ne­rell für Be­stim­mun­gen des na­tio­na­len Rechts gilt, die kei­nen da­ten­schutz­spe­zi­fi­schen Ge­halt ha­ben, muss­te das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt nicht ent­schei­den. Denn mit § 7 UWG hat der deut­sche Ge­setz­ge­ber die in Art. 13 der Richt­li­nie 2002/58/EG ent­hal­te­nen Vor­ga­ben zum Schutz der Pri­vat­sphä­re der Be­trof­fe­nen vor un­ver­langt auf elek­tro­ni­schem Weg zu­ge­sand­ter Wer­bung um­ge­setzt. Es wi­der­sprä­che da­her dem Grund­satz der Ein­heit der Uni­ons­rechts­ord­nung, wenn die­se lau­ter­keits­recht­li­chen Wer­tun­gen bei der Kon­kre­ti­sie­rung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO au­ßer Be­tracht blei­ben müss­ten.


Hier­von aus­ge­hend fehlt es der Klä­ge­rin an ei­nem be­rech­tig­ten In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO, weil der von ihr ver­folg­te Zweck der Da­ten­ver­ar­bei­tung ge­gen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ver­stö­ßt. Bei den Te­le­fon­an­ru­fen, mit de­nen die Klä­ge­rin die Be­reit­schaft der an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­te zum Ver­kauf von Edel­me­tal­len in Er­fah­rung zu brin­gen sucht, han­delt es sich um Wer­bung im Sin­ne die­ser Be­stim­mung. Da die von der Klä­ge­rin an­ge­spro­che­nen In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen in dem hier vor­lie­gen­den Kon­text als sons­ti­ge Markt­teil­neh­mer zu qua­li­fi­zie­ren sind, ist ei­ne zur Un­zu­läs­sig­keit der Wer­be­an­ru­fe füh­ren­de un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG an­zu­neh­men, wenn nicht zu­min­dest ei­ne mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung vor­liegt. Die­se wird durch ein sach­li­ches In­ter­es­se der An­zu­ru­fen­den an der Te­le­fon­wer­bung in­di­ziert. Auf der Grund­la­ge der für das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt bin­den­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ist die­se Vor­aus­set­zung nicht er­füllt. Denn da­nach dient die Ver­öf­fent­li­chung der Te­le­fon­num­mern der Zahn­ärz­te in öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen aus­schlie­ß­lich da­zu, die Er­reich­bar­keit für Pa­ti­en­ten zu ge­währ­leis­ten. Zu­dem hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt fest­ge­stellt, dass der Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten zur Ge­winn­erzie­lung we­der ty­pisch noch we­sent­lich für die Tä­tig­keit ei­nes Zahn­arz­tes ist.


Schlie­ß­lich hat die Klä­ge­rin nicht des­halb ei­nen An­spruch auf ei­ne er­neu­te Sach­ent­schei­dung, weil es an ei­ner auf die nun­mehr gel­ten­de Rechts­la­ge be­zo­ge­nen Er­mes­sens­aus­übung der Be­klag­ten feh­len wür­de. Denn das der Auf­sichts­be­hör­de hin­sicht­lich der Ab­hil­fe­maß­nah­men nach Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO grund­sätz­lich ein­ge­räum­te Er­mes­sen ist im vor­lie­gen­den Fall da­hin­ge­hend re­du­ziert, dass nur ein Ver­bot ge­mäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO ge­eig­net, er­for­der­lich und ver­hält­nis­mä­ßig ist, um dem fest­ge­stell­ten Ver­stoß ge­gen die DS­G­VO ab­zu­hel­fen.


BVer­wG 6 C 3.23 - Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 2025

Vor­in­stan­zen:

OVG Saar­lou­is, OVG 2 A 111/22 - Ur­teil vom 20. April 2023 -

VG Saar­lou­is, VG 5 K 461/20 - Ur­teil vom 15. De­zem­ber 2021 -


Ur­teil vom 29.01.2025 -
BVer­wG 6 C 3.23ECLI:DE:BVer­wG:2025:290125U6C3.23.0

Ver­ar­bei­tung der Kon­takt­da­ten von Zahn­arzt­pra­xen zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung oh­ne Ein­wil­li­gung

Leit­sät­ze:

1. Im Rah­men der Ent­schei­dung über die Be­gründet­heit ei­nes An­trags auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG hat das Ge­richt grund­sätz­lich ab­schlie­ßend zu prü­fen, ob an dem un­an­fecht­ba­ren Ver­wal­tungs­akt auf der Grund­la­ge der neu­en Rechts­la­ge fest­zu­hal­ten ist.

2. Bei der Be­ur­tei­lung, ob die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung zur Wah­rung ei­nes "be­rech­tig­ten In­ter­es­ses" im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO er­folgt, sind die Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG, der die Vor­ga­ben des Art. 13 der Richt­li­nie 2002/58/EG um­setzt, zu be­rück­sich­ti­gen.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 6 C 3.23

  • VG Saar­lou­is - 15.12.2021 - AZ: 5 K 461/20
  • OVG Saar­lou­is - 20.04.2023 - AZ: 2 A 111/22

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 6. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 29. Ja­nu­ar 2025
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Kraft, die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Möl­ler und Hahn so­wie
die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Stei­ner und Dr. Gamp
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts des Saar­lan­des vom 20. April 2023 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Klä­ge­rin trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin kauft Edel­me­tall­res­te von Zahn­arzt­pra­xen an. Hier­zu er­hebt sie aus öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen - wie z. B. den Gel­ben Sei­ten - Na­men und Vor­na­men des Pra­xis­in­ha­bers so­wie die Pra­xis­an­schrift nebst Te­le­fon­num­mer. Die von ihr in ei­ner Da­ten­bank ge­spei­cher­ten Kon­takt­da­ten nutzt die Klä­ge­rin für ei­ne te­le­fo­ni­sche An­spra­che der Zahn­arzt­pra­xen mit dem Ziel, in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­spro­che­nen Edel­me­tal­le an die Klä­ge­rin ver­kau­fen möch­ten. In dem je­weils ers­ten Te­le­fon­an­ruf er­läu­tert die Klä­ge­rin fer­ner ih­re Dienst­leis­tung und bei In­ter­es­se das mög­li­che wei­te­re Vor­ge­hen.

2 Mit Be­scheid vom 10. Ja­nu­ar 2017 ord­ne­te die Be­klag­te auf der Grund­la­ge von § 38 Abs. 5 Satz 2 des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes in der bis zum 24. Mai 2018 gel­ten­den Fas­sung (BDSG a. F.) ge­gen­über der Klä­ge­rin an, die für den Zweck ei­ner te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che er­fol­gen­de Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung und Nut­zung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten von In­ha­bern von Zahn­arzt­pra­xen ein­zu­stel­len, so­fern kei­ne Ein­wil­li­gung des Be­trof­fe­nen vor­liegt oder be­reits ein Ge­schäfts­ver­hält­nis mit dem Be­trof­fe­nen be­steht. Dar­über hin­aus ord­ne­te sie die Lö­schung der für den ge­nann­ten Zweck er­ho­be­nen und ge­spei­cher­ten Da­ten an und gab der Klä­ge­rin auf, die an­ge­ord­ne­ten Maß­nah­men in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Ein­tritt der "Rechts­kraft" des Be­scheids um­zu­set­zen und dies der Be­klag­ten ge­gen­über an­zu­zei­gen. Für den Fall, dass die Klä­ge­rin den An­ord­nun­gen nicht, nicht voll­stän­dig oder nicht in­ner­halb der ge­nann­ten Frist nach­kommt, wur­de je­weils ein Zwangs­geld in Hö­he von 2 500 € an­ge­droht und zu­gleich auf­schie­bend be­dingt fest­ge­setzt. Die ge­gen die­sen Be­scheid er­ho­be­ne Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg. Den An­trag der Klä­ge­rin auf Zu­las­sung der Be­ru­fung ge­gen das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts wies das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt durch Be­schluss vom 10. Sep­tem­ber 2019 zu­rück.

3 Mit Schrei­ben ih­rer Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 9. Ok­to­ber 2019 be­an­trag­te die Klä­ge­rin bei der Be­klag­ten die Auf­he­bung des Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017. Zur Be­grün­dung mach­te sie im We­sent­li­chen gel­tend, ihr Ver­hal­ten sei nach der in­zwi­schen in Kraft ge­tre­te­nen Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DS­G­VO) recht­mä­ßig, so dass ein er­neu­ter Er­lass der Ver­fü­gung nicht mög­lich wä­re.

4 Mit Be­scheid vom 25. März 2020 wies die Be­klag­te den An­trag zu­rück und führ­te im We­sent­li­chen aus: Die Rechts­la­ge ha­be sich nicht zu Guns­ten der Klä­ge­rin ge­än­dert. Die an­ge­grif­fe­ne An­ord­nung wür­de in der Sa­che nun­mehr auf der Grund­la­ge von Art. 58 Abs. 2 Buchst. f i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO er­ge­hen. Im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO müs­se die Re­ge­lung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb (UWG), die auf die Öff­nungs­klau­seln des Art. 13 Abs. 3 und 5 der Richt­li­nie 2002/58/EG zu­rück­ge­he, be­rück­sich­tigt wer­den. Denn Art. 95 DS­G­VO in Ver­bin­dung mit Er­wä­gungs­grund 173 der DS­G­VO se­he ein Ne­ben­ein­an­der von Richt­li­nie und Ver­ord­nung vor. Da es an ei­ner mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung der Adres­sa­ten im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 UWG in der sei­ner­zeit gel­ten­den Fas­sung feh­le, sei die Da­ten­ver­ar­bei­tung man­gels be­rech­tig­ten In­ter­es­ses im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO nicht zu­läs­sig. Auch ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung füh­re zu dem Er­geb­nis, dass die be­stands­kräf­ti­ge An­ord­nung auf­recht­zu­er­hal­ten sei.

5 Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat die Kla­ge, mit der die Klä­ge­rin die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Auf­he­bung des Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 be­gehrt, ab­ge­wie­sen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung der Klä­ge­rin mit der Be­grün­dung zu­rück­ge­wie­sen, ein Wie­der­auf­nah­me­grund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Saar­län­di­schen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­zes (SV­wVfG) lie­ge nicht vor. Die Be­stim­mun­gen der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung stell­ten kei­ne Än­de­rung der Rechts­la­ge zu Guns­ten der Klä­ge­rin dar. Man­gels ei­ner Ein­wil­li­gung nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. a DS­G­VO hän­ge die Zu­läs­sig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung für Zwe­cke der Di­rekt­wer­bung der Klä­ge­rin nun­mehr von der An­wend­bar­keit des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO ab, der ei­ne um­fas­sen­de Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung und Ab­wä­gung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen des Wer­ben­den auf der ei­nen Sei­te so­wie des Wer­be­adres­sa­ten auf der an­de­ren Sei­te er­for­de­re.

6 Die Vor­aus­set­zun­gen des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO lä­gen in­des nicht vor, weil die von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­te te­le­fo­ni­sche Wer­be­an­spra­che nicht den An­for­de­run­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG in der Fas­sung vom 10. Au­gust 2021 ent­spre­che. Die­se wett­be­werbs­recht­li­che Be­stim­mung sei im da­ten­schutz­recht­li­chen Kon­text zu be­rück­sich­ti­gen, weil es sich um ei­nen ein­heit­li­chen Vor­gang han­de­le, bei dem die Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten für ei­ne nicht er­laub­te Wer­be­an­spra­che er­fol­ge. We­gen der Fort­gel­tung der Öff­nungs­klau­sel des Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG, die mit­glied­staat­li­che Re­ge­lun­gen er­lau­be, nach de­nen Te­le­fon­wer­bung oh­ne Ein­wil­li­gung des be­trof­fe­nen Teil­neh­mers nicht ge­stat­tet sei, kön­ne Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO nicht als Rechts­grund­la­ge für die Da­ten­ver­ar­bei­tung zum Zweck der te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che her­an­ge­zo­gen wer­den. Viel­mehr sei ei­ne Be­rück­sich­ti­gung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu­läs­sig. Un­ter den Be­griff der Te­le­fon­wer­bung fie­len al­le An­ru­fe, mit de­nen das Ziel ver­folgt wer­de, den Ab­satz von Wa­ren oder die Er­brin­gung von Dienst­leis­tun­gen zu för­dern. Wer­be­an­ru­fe ge­gen­über Ver­brau­chern sei­en dem­zu­fol­ge so­wohl aus wett­be­werbs­recht­li­cher als auch aus da­ten­schutz­recht­li­cher Sicht nur mit aus­drück­li­cher Ein­wil­li­gung der Emp­fän­ger zu­läs­sig. Feh­le es - wie hier - an der­ar­ti­gen Wil­lens­er­klä­run­gen der An­ge­spro­che­nen, stell­ten Wer­be­an­ru­fe aus­nahms­los ei­ne un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG dar. Dem Um­stand, dass Art. 13 Abs. 3 und 5 der Richt­li­nie 2002/58/EG nicht zwi­schen Ver­brau­chern und sons­ti­gen Markt­teil­neh­mern, son­dern nur zwi­schen na­tür­li­chen und ju­ris­ti­schen Per­so­nen un­ter­schei­de, kön­ne durch ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung von § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG Rech­nung ge­tra­gen und da­durch ein ein­heit­li­cher Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen im Sin­ne des in un­ter­schied­li­chen Rechts­ak­ten har­mo­ni­sier­ten Da­ten­schutz­rechts er­reicht wer­den.

7 Wä­re die Wer­bung auf die be­ruf­li­che Tä­tig­keit der an­ge­spro­che­nen Zahn­ärz­te be­zo­gen, lie­ge je­den­falls kei­ne mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 UWG vor. Denn es las­se sich kein sach­lich be­grün­de­tes In­ter­es­se von Zahn­ärz­ten an dem Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten an die Klä­ge­rin fest­stel­len. Dass sie ih­re Te­le­fon­num­mer in öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen ver­öf­fent­lich­ten, die­ne aus­schlie­ß­lich da­zu, die Er­reich­bar­keit für Pa­ti­en­ten zu ge­währ­leis­ten. Der Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten zur Ge­winn­erzie­lung sei auch we­der ty­pisch noch we­sent­lich für die Tä­tig­keit ei­nes Zahn­arz­tes. Im Üb­ri­gen wür­den Edel­me­tall­res­te üb­li­cher­wei­se nach der zahn­ärzt­li­chen Be­hand­lung dem be­trof­fe­nen Pa­ti­en­ten über­ge­ben, der als Ei­gen­tü­mer dar­über nach Be­lie­ben ver­fü­gen kön­ne. Ste­he dem­nach fest, dass die nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG er­for­der­li­che - aus­drück­li­che bzw. mut­ma­ß­li­che - Ein­wil­li­gung nicht vor­lie­ge, sei es der Klä­ge­rin ver­wehrt, auf den Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO zur Recht­fer­ti­gung ih­rer Ge­schäfts­pra­xis zu­rück­zu­grei­fen.

8 Selbst wenn man Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO für grund­sätz­lich an­wend­bar hiel­te, wä­re ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Klä­ge­rin auf­grund der wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­ar­bei­tung zu ver­nei­nen mit der Fol­ge, dass auch ei­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung zu ih­ren Las­ten aus­fie­le. Um dem all­ge­mei­nen Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO Kon­tu­ren zu ver­lei­hen und Rechts­si­cher­heit her­zu­stel­len, bie­te es sich an, für des­sen Aus­le­gung kon­kret ge­fass­te Er­laub­nis­tat­be­stän­de aus dem bis­he­ri­gen na­tio­na­len Recht her­an­zu­zie­hen. We­gen der Fort­gel­tung des Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG sei die Wer­tung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu be­rück­sich­ti­gen mit der Fol­ge, dass sich die Klä­ge­rin nicht auf ein über­wie­gen­des "be­rech­tig­tes" In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO be­ru­fen kön­ne.

9 Die An­ord­nung der Be­klag­ten sei auch un­ter Er­mes­sens­ge­sichts­punk­ten nicht zu be­an­stan­den. Ei­ne Ver­pflich­tung zur Neu­be­schei­dung kom­me da­her eben­falls nicht in Be­tracht. Stel­le die Auf­sichts­be­hör­de ei­nen Ver­stoß ge­gen da­ten­schutz­recht­li­che Be­stim­mun­gen fest, sei ihr Ent­schlie­ßungs­er­mes­sen nach Ma­ß­ga­be der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung re­gel­mä­ßig da­hin­ge­hend re­du­ziert, von ih­ren Ab­hil­fe­be­fug­nis­sen Ge­brauch zu ma­chen.

10 Die Klä­ge­rin ha­be auch nach § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 SV­wVfG kei­nen An­spruch auf ein Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens. In­so­weit be­stehe nur ein An­spruch auf feh­ler­freie Er­mes­sens­aus­übung. Sei die Auf­recht­erhal­tung des be­stands­kräf­ti­gen Ver­wal­tungs­ak­tes - wie hier - nicht als schlecht­hin un­er­träg­lich zu qua­li­fi­zie­ren, sei es in al­ler Re­gel er­mes­sens­feh­ler­frei, der Rechts­si­cher­heit den Vor­zug zu ge­ben.

11 Mit der vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Klä­ge­rin ihr Be­geh­ren wei­ter. Sie hält die Vor­aus­set­zun­gen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG für ge­ge­ben. Auf der Grund­la­ge der durch das In­kraft­tre­ten der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung ein­ge­tre­te­nen Än­de­rung der Rechts­la­ge zu Guns­ten der Klä­ge­rin kön­ne die An­ord­nung vom 10. Ja­nu­ar 2017 nicht auf­recht er­hal­ten blei­ben. Die­se sei dar­auf ge­stützt, dass es am Er­for­der­nis des § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG a. F. ge­fehlt ha­be, wo­nach ein "Hin­zu­spei­chern" von Da­ten ge­mäß § 28 Abs. 3 Satz 3 BDSG a. F. zu sog. Lis­ten­da­ten nur zu­läs­sig sei, so­fern hier­durch nicht schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen ver­letzt wür­den, was ins­be­son­de­re an­zu­neh­men sei, wenn das Ge­setz ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb ei­ne be­stimm­te Wer­be­form als un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung be­wer­te. Nun­mehr kön­ne sich die Klä­ge­rin auf Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO als Rechts­grund­la­ge ih­rer Da­ten­er­he­bung und -ver­ar­bei­tung be­ru­fen. Mit die­ser Norm ha­be sich der Uni­ons­ge­setz­ge­ber für den Weg ei­ner fle­xi­blen Ab­wä­gung zwi­schen den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen und den In­ter­es­sen des Be­trof­fe­nen ent­schie­den.

12 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts sei we­der die An­wen­dung des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO durch § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ge­sperrt, noch sei­en Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG im Rah­men der nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung mit ein­zu­stel­len. Als Da­ten­schutz­be­hör­de sei die Be­klag­te nicht be­fugt, Wett­be­werbs­recht an­zu­wen­den. Art. 95 DS­G­VO stel­le klar, dass die Re­ge­lun­gen der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung und des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb ne­ben­ein­an­der gäl­ten. Dies schlie­ße ei­ne An­wen­dung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG im Rah­men des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO aus. Könn­te ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung die Ab­wä­gung be­ein­flus­sen, wür­de dies dem Wil­len des Uni­ons­ge­setz­ge­bers wi­der­spre­chen, ein ein­heit­li­ches Da­ten­schutz­ni­veau zu eta­blie­ren.

13 Dass die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zum Zweck der Di­rekt­wer­bung ei­nem be­rech­tig­ten In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO die­ne, wer­de durch Er­wä­gungs­grund 47 der DS­G­VO klar­ge­stellt. Der Be­griff der Di­rekt­wer­bung sei weit aus­zu­le­gen und um­fas­se je­de Da­ten­ver­ar­bei­tung zu ge­werb­li­chen Zwe­cken. Die von der Klä­ge­rin vor­ge­nom­me­ne Art der Nach­fra­ge­wer­bung mit­tels te­le­fo­ni­scher An­ru­fe sei auch zur Er­rei­chung des Ver­ar­bei­tungs­zwecks er­for­der­lich. Die In­ter­es­sen­ab­wä­gung fal­le zu Guns­ten der Klä­ge­rin aus. Zu be­rück­sich­ti­gen sei vor al­lem, dass es hier um ge­schäft­li­che Kon­takt­da­ten ge­he, die öf­fent­lich zu­gäng­lich ge­macht wor­den und da­her we­ni­ger schutz­wür­dig sei­en.

14 Selbst wenn § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO zu be­rück­sich­ti­gen wä­re, ver­sto­ße das be­an­stan­de­te Ver­hal­ten der Klä­ge­rin nicht ge­gen die­se Re­ge­lung. Da die Öff­nungs­klau­sel des Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG le­dig­lich die Di­rekt­wer­bung er­fas­se, sei § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG richt­li­ni­en­kon­form da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass er auf die we­ni­ger ein­schnei­den­de Nach­fra­ge­wer­bung kei­ne An­wen­dung fin­de. Dar­über hin­aus han­de­le es sich bei den an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­ten nicht um Ver­brau­cher im Sin­ne die­ser Vor­schrift, da der ge­schäft­li­che Kon­takt im Vor­der­grund ste­he. Es sei ei­ne mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ge­ge­ben. Denn durch den Ver­kauf von Edel­me­tal­len könn­ten die an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­te ei­nen zu­sätz­li­chen Ge­winn mit po­si­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf die Ent­wick­lung der je­wei­li­gen Pra­xis er­zie­len.

15 Die Be­klag­te ver­tei­digt das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts.

II

16 Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin ist un­be­grün­det und da­her zu­rück­zu­wei­sen (§ 144 Abs. 2 Vw­GO). Das an­ge­foch­te­ne Be­ru­fungs­ur­teil be­ruht nicht auf ei­ner Ver­let­zung von Bun­des­recht (§ 137 Abs. 1 Vw­GO).

17 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat an­ge­nom­men, dass die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten nicht im We­ge des Wie­der­auf­grei­fens des Ver­fah­rens die Auf­he­bung des be­stands­kräf­ti­gen Un­ter­sa­gungs­be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 be­an­spru­chen kann. Man­gels ei­ner Än­de­rung der Rechts­la­ge zu Guns­ten der Klä­ge­rin lie­ge kein Wie­der­auf­nah­me­grund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 des Saar­län­di­schen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­zes (SV­wVfG) vor. Denn da der von der Klä­ge­rin ver­folg­te Zweck der Da­ten­ver­ar­bei­tung ge­gen § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb (UWG) ver­sto­ße, feh­le es an ei­nem be­rech­tig­ten In­ter­es­se im Sin­ne des Er­laub­nis­tat­be­stan­des des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO. In die­sen ent­schei­dungs­tra­gen­den Punk­ten steht die Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ur­teils mit re­vi­si­blem Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Vw­GO) in Ein­klang. Da­nach ist der An­trag der Klä­ge­rin auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens we­gen nach­träg­li­cher Än­de­rung der Rechts­la­ge ge­mäß der - dem Wort­laut nach mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­zes des Bun­des (VwVfG) über­ein­stim­men­den - Re­ge­lung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG (1.) zwar zu­läs­sig (2.), je­doch nicht be­grün­det (3.). Ein An­spruch der Klä­ge­rin auf feh­ler­freie Er­mes­sens­ent­schei­dung über das Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens (im wei­te­ren Sin­ne) nach § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 SV­wVfG ist eben­falls nicht ge­ge­ben (4.).

18 1. Dem mit der Kla­ge ver­folg­ten, auf die Auf­he­bung der be­stands­kräf­ti­gen da­ten­schutz­recht­li­chen An­ord­nung der Be­klag­ten vom 10. Ja­nu­ar 2017 ge­rich­te­ten Ver­pflich­tungs­be­geh­ren der Klä­ge­rin liegt ein An­trag auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens we­gen nach­träg­li­cher Än­de­rung der Rechts­la­ge ge­mäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG zu­grun­de.

19 Zwar hat die Klä­ge­rin in dem Schrei­ben ih­rer Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 9. Ok­to­ber 2019 dem Wort­laut nach le­dig­lich die Auf­he­bung des Be­scheids "gem. §§ 48, 49 SV­wVfG" be­an­tragt. Nach der dem Be­ru­fungs­ur­teil zu­grun­de­lie­gen­den Aus­le­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts han­delt es sich bei dem ge­nann­ten Schrei­ben je­doch (auch) um ei­nen An­trag auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens ge­mäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG. Die­ses Ver­ständ­nis ist ma­ß­geb­lich. Denn die Aus­le­gung von Wil­lens­er­klä­run­gen ist vor al­lem im Hin­blick auf die Er­fas­sung des Er­klä­rungs­wort­lauts so­wie die Sich­tung und Auf­klä­rung der für die Be­deu­tung der Er­klä­rung er­heb­li­chen Um­stän­de aus re­vi­si­ons­recht­li­cher Per­spek­ti­ve ein Akt der Tat­sa­chen­fest­stel­lung. Dies gilt grund­sätz­lich auch für im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ge­stell­te An­trä­ge (BVer­wG, Ur­teil vom 12. Ju­ni 2024 - 6 C 9.22 - NVwZ 2024, 1585 Rn. 44). Man­gels dies­be­züg­li­cher Ver­fah­rens­rü­gen ist der Se­nat an die Aus­le­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den. Im Üb­ri­gen ist die Aus­le­gung des An­trags vom 9. Ok­to­ber 2019 durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in der Sa­che nicht zu be­an­stan­den. Denn die Klä­ge­rin hat zur Be­grün­dung ih­res Auf­he­bungs­an­trags dar­auf ver­wie­sen, die zum Zeit­punkt des Er­las­ses der streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­fü­gung gel­ten­de Rechts­la­ge ha­be sich durch In­kraft­tre­ten der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung zum 25. Mai 2018 ge­än­dert. Da das der­zeit gel­ten­de Recht ei­nem er­neu­ten Er­lass der streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­fü­gung ent­ge­gen­ste­hen wür­de, sei der Be­scheid vom 10. Ja­nu­ar 2017 mit Wir­kung für die Zu­kunft auf­zu­he­ben. Da­mit hat sich die Klä­ge­rin deut­lich er­kenn­bar auf die Vor­aus­set­zun­gen des Wie­der­auf­grei­fens des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens ge­mäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG be­zo­gen. Nach die­ser Vor­schrift hat die Be­hör­de auf An­trag des Be­trof­fe­nen über die Auf­he­bung oder Än­de­rung ei­nes un­an­fecht­ba­ren Ver­wal­tungs­ak­tes zu ent­schei­den, wenn sich die dem Ver­wal­tungs­akt zu­grun­de­lie­gen­de Rechts­la­ge nach­träg­lich zu Guns­ten des Be­trof­fe­nen ge­än­dert hat.

20 2. Die Zu­läs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen für den ge­gen­über der Be­klag­ten als ge­mäß § 51 Abs. 4 SV­wVfG i. V. m. § 40 Abs. 1 BDSG und Art. 58 DS­G­VO zu­stän­di­gen Be­hör­de ge­stell­ten An­trag der Klä­ge­rin auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens ge­mäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG sind er­füllt.

21 a) Die Klä­ge­rin war oh­ne gro­bes Ver­schul­den au­ßer­stan­de, den Grund für das Wie­der­auf­grei­fen in dem frü­he­ren Ver­fah­ren, ins­be­son­de­re durch Rechts­be­helf, gel­tend zu ma­chen (§ 51 Abs. 2 SV­wVfG), weil es in dem sich an das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren an­schlie­ßen­den ge­richt­li­chen Ver­fah­ren für die Recht­mä­ßig­keit der an­ge­foch­te­nen da­ten­schutz­recht­li­chen An­ord­nung auf die Rechts­la­ge an­kam, die zum Zeit­punkt der (letz­ten) Be­hör­den­ent­schei­dung im Ja­nu­ar 2017 galt (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. März 2019 - 6 C 2.18 - BVer­w­GE 165, 111 Rn. 11 f.). Mit Blick hier­auf hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in sei­nem Be­schluss vom 10. Sep­tem­ber 2019 - 2 A 174/18 -, mit dem es den An­trag der Klä­ge­rin auf Zu­las­sung der Be­ru­fung ge­gen das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts vom 9. März 2018 - 1 K 257/17 - zu­rück­ge­wie­sen hat, die von der Klä­ge­rin be­reits in dem da­ma­li­gen Kla­ge­ver­fah­ren ge­gen den Be­scheid der Be­klag­ten vom 10. Ja­nu­ar 2017 ge­for­der­te Be­ur­tei­lung am Maß­stab der ab dem 25. Mai 2018 ma­ß­geb­li­chen Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung ab­ge­lehnt.

22 b) Der un­ter dem 9. Ok­to­ber 2019 ge­stell­te An­trag der Klä­ge­rin auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens wahr­te die ge­setz­li­che Drei­mo­nats­frist, die grund­sätz­lich mit dem Tag be­ginnt, an dem der Be­trof­fe­ne von dem Grund für das Wie­der­auf­grei­fen Kennt­nis er­hal­ten hat (§ 51 Abs. 3 SV­wVfG). Da der An­trag nach § 51 Abs. 1 SV­wVfG die Un­an­fecht­bar­keit des ur­sprüng­li­chen Ver­wal­tungs­ak­tes vor­aus­setzt, hat die Frist hier mit dem den An­trag der Klä­ge­rin auf Zu­las­sung der Be­ru­fung ge­gen das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts vom 9. März 2018 zu­rück­wei­sen­den Be­schluss des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 10. Sep­tem­ber 2019 zu lau­fen be­gon­nen.

23 c) Die Zu­läs­sig­keit des Wie­der­auf­grei­fen­san­trags setzt wei­ter vor­aus, dass sich die gel­tend ge­mach­te Än­de­rung der dem Ver­wal­tungs­akt zu­grun­de­lie­gen­den Rechts­la­ge auf die Recht­mä­ßig­keit des Ver­wal­tungs­ak­tes aus­wir­ken kann. Ei­nen sol­chen Ein­fluss hat die Än­de­rung der Rechts­la­ge re­gel­mä­ßig nur bei Ver­wal­tungs­ak­ten mit Dau­er­wir­kung, d. h. bei sol­chen, de­ren Wir­kung nach Sinn und Zweck und dem ein­schlä­gi­gen ma­te­ri­el­len Recht we­sens­ge­mäß auf Dau­er an­ge­legt ist (BVer­wG, Ur­teil vom 28. Fe­bru­ar 1997 - 1 C 29.95 - BVer­w­GE 104, 115 <120>). Dass auf § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a. F. ge­stütz­te da­ten­schutz­recht­li­che An­ord­nun­gen grund­sätz­lich auf Dau­er an­ge­legt sind, ist in der Recht­spre­chung des Se­nats an­er­kannt (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. März 2019 - 6 C 2.18 - ‌B­Ver­w­GE 165, 111 Rn. 10; Be­schluss vom 9. Ju­li 2019 - 6 B 2.18 - NVwZ 2019, 1771 Rn. 14). Für die hier streit­ge­gen­ständ­li­che Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. gilt nichts An­de­res. Denn der Klä­ge­rin wird durch den be­stands­kräf­ti­gen Be­scheid vom 10. Ja­nu­ar 2017 fort­dau­ernd ver­wehrt, zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung ge­gen­über In­ha­bern von Zahn­arzt­pra­xen de­ren Kon­takt­da­ten oh­ne de­ren Ein­wil­li­gung zu ver­ar­bei­ten.

24 d) Der An­trag der Klä­ge­rin auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG ist schlie­ß­lich auch nicht man­gels hin­rei­chen­der Sub­stan­ti­ie­rung ih­res Vor­brin­gens un­zu­läs­sig (vgl. hier­zu: BVer­wG, Ur­teil vom 23. Ju­ni 1987 - 9 C 251.86 - BVer­w­GE 77, 323 <325>). Die Klä­ge­rin hat sich im We­sent­li­chen dar­auf be­ru­fen, an­ders als die bei Er­lass des Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 noch ma­ß­geb­li­chen Be­stim­mun­gen des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes in der da­mals gel­ten­den Fas­sung se­he der seit dem 25. Mai 2018 gel­ten­de Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO ei­ne fle­xi­ble Ab­wä­gung zwi­schen den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen und den In­ter­es­sen des Be­trof­fe­nen vor. Dar­auf, dass die Re­ge­lungs­kon­zep­te der auf die Ver­ein­heit­li­chung des Da­ten­schutz­rechts in­ner­halb der Eu­ro­päi­schen Uni­on ab­zie­len­den Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung grund­le­gend von den bis­he­ri­gen da­ten­schutz­recht­li­chen Be­stim­mun­gen der Mit­glied­staa­ten ab­wei­chen kön­nen, hat der Se­nat be­reits frü­her hin­ge­wie­sen (BVer­wG, Ur­teil vom 27. März 2019 - 6 C 2.18 - ‌B­Ver­w­GE 165, 111 Rn. 37). Dass die In­ter­es­sen­ab­wä­gung nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO zu ei­nem für die Klä­ge­rin güns­ti­ge­ren Er­geb­nis füh­ren kann, er­scheint vor die­sem Hin­ter­grund nicht als von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen.

25 3. Der An­trag der Klä­ge­rin auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens ist je­doch nicht be­grün­det. Der mit dem An­trag gel­tend ge­mach­te Wie­der­auf­nah­me­grund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG, der den Ge­gen­stand der be­hörd­li­chen und ge­richt­li­chen Prü­fung be­stimmt und be­grenzt (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 20. No­vem­ber 2018 - 1 C 23.17 - BVer­w­GE 163, 370 Rn. 12 und vom 26. Ja­nu­ar 2021 ‌- 1 C 1.20 - Buch­holz 316 § 51 VwVfG Nr. 66 Rn. 20; Be­schluss vom 11. De­zem­ber 1989 - 9 B 320.89 - Buch­holz 316 § 51 VwVfG Nr. 24), liegt nicht vor. Zwar hat sich die dem Ver­wal­tungs­akt zu­grun­de­lie­gen­de Rechts­la­ge nach­träg­lich ge­än­dert (a)). Die­se Än­de­rung wirkt sich je­doch nicht zu Guns­ten der Klä­ge­rin aus (b)).

26 a) § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG setzt vor­aus, dass die für den Ver­wal­tungs­akt ma­ß­geb­li­chen Rechts­nor­men, al­so des­sen ent­schei­dungs­er­heb­li­che recht­li­che Grund­la­gen, nach­träg­lich ge­än­dert wer­den (BVer­wG, Ur­tei­le vom 8. Mai 2002 ‌- 7 C 18.01 - Buch­holz 428 § 2 VermG Nr. 66 S. 68 und vom 4. Sep­tem­ber 2007 ‌- 1 C 21.07 - BVer­w­GE 129, 243 Rn. 14). Die­se Vor­aus­set­zung ist hier er­füllt, da die von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­te Da­ten­ver­ar­bei­tung nicht mehr den bei Er­lass des Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 gel­ten­den Be­stim­mun­gen der § 4 Abs. 1, § 28 Abs. 3 und § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. un­ter­fällt (aa)), son­dern de­nen der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung (bb)), die sich in mehr­fa­cher Hin­sicht von den­je­ni­gen des BDSG a. F. un­ter­schei­den (cc)).

27 aa) Der Be­scheid vom 10. Ja­nu­ar 2017 ist auf die Be­stim­mun­gen der § 4 Abs. 1, § 28 Abs. 3 und § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. ge­stützt. Nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. konn­te die Auf­sichts­be­hör­de bei schwer­wie­gen­den Ver­stö­ßen oder Män­geln, ins­be­son­de­re sol­chen, die mit ei­ner be­son­de­ren Ge­fähr­dung des Per­sön­lich­keits­rechts ver­bun­den wa­ren, die Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung oder den Ein­satz ein­zel­ner Ver­fah­ren un­ter­sa­gen, wenn die Ver­stö­ße oder Män­gel ent­ge­gen der An­ord­nung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a. F. und trotz der Ver­hän­gung ei­nes Zwangs­gel­des nicht in an­ge­mes­se­ner Zeit be­sei­tigt wur­den. Ge­mäß § 4 Abs. 1 BDSG a. F. wa­ren die Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung und Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten nur zu­läs­sig, so­weit die­ses Ge­setz oder ei­ne an­de­re Rechts­vor­schrift dies er­laub­te oder an­ord­ne­te oder der Be­trof­fe­ne ein­ge­wil­ligt hat­te. § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F. be­stimm­te im We­sent­li­chen, dass die Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten für Zwe­cke des Adress­han­dels oder der Wer­bung zu­läs­sig war, so­weit der Be­trof­fe­ne ein­ge­wil­ligt hat­te. Nach § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BDSG a. F. war die Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten dar­über hin­aus zu­läs­sig, so­weit es sich um lis­ten­mä­ßig oder sonst zu­sam­men­ge­fass­te Da­ten über An­ge­hö­ri­ge ei­ner Per­so­nen­grup­pe han­del­te, die sich auf die Zu­ge­hö­rig­keit des Be­trof­fe­nen zu die­ser Per­so­nen­grup­pe, sei­ne Be­rufs-, Bran­chen- oder Ge­schäfts­be­zeich­nung, sei­nen Na­men, Ti­tel, aka­de­mi­schen Grad, sei­ne An­schrift und sein Ge­burts­jahr be­schränk­ten, und die Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung er­for­der­lich war für Zwe­cke der Wer­bung für ei­ge­ne An­ge­bo­te der ver­ant­wort­li­chen Stel­le, die die­se Da­ten mit Aus­nah­me der An­ga­ben zur Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit beim Be­trof­fe­nen nach Ab­satz 1 Satz 1 Num­mer 1 der Vor­schrift oder aus all­ge­mein zu­gäng­li­chen Adress-, Ruf­num­mern-, Bran­chen- oder ver­gleich­ba­ren Ver­zeich­nis­sen er­ho­ben hat­te. Für Zwe­cke nach § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BDSG a. F. durf­te die ver­ant­wort­li­che Stel­le zu den dort ge­nann­ten Da­ten ge­mäß § 28 Abs. 3 Satz 3 BDSG a. F. wei­te­re Da­ten hin­zu­spei­chern. § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG a. F. be­stimm­te, dass ei­ne Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung nach § 28 Abs. 3 Satz 1 bis 4 BDSG a. F. nur zu­läs­sig war, so­weit schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen des Be­trof­fe­nen nicht ent­ge­gen­stan­den.

28 bb) Das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz in der bei Er­lass des un­an­fecht­bar ge­wor­de­nen Ver­wal­tungs­ak­tes vom 10. Ja­nu­ar 2017 gel­ten­den Fas­sung ist ge­mäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 des Ge­set­zes zur An­pas­sung des Da­ten­schutz­rechts an die Ver­ord­nung (EU) 2016/679 und zur Um­set­zung der Richt­li­nie (EU) 2016/680 (Da­ten­schutz-An­pas­sungs- und -Um­set­zungs­ge­setz EU - DSAn­pUG-EU) vom 30. Ju­ni 2017 (BGBl. I S. 2097) am 25. Mai 2018 au­ßer Kraft ge­tre­ten. Ab die­sem Tag gilt un­mit­tel­bar die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung (Art. 99 Abs. 2 DS­G­VO i. V. m. Art. 288 Abs. 2 Satz 1 und 2 AEUV).

29 Dass nun­mehr grund­sätz­lich die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung für die von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­te Da­ten­ver­ar­bei­tung zu dem be­schrie­be­nen Zweck ei­ner te­le­fo­ni­schen Kon­takt­auf­nah­me mit Zahn­ärz­ten ma­ß­geb­lich ist, wird nicht durch Art. 95 DS­G­VO in Fra­ge ge­stellt. Da­nach er­legt die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung na­tür­li­chen oder ju­ris­ti­schen Per­so­nen in Be­zug auf die Ver­ar­bei­tung in Ver­bin­dung mit der Be­reit­stel­lung öf­fent­lich zu­gäng­li­cher elek­tro­ni­scher Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te in öf­fent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen in der Uni­on kei­ne zu­sätz­li­chen Pflich­ten auf, so­weit sie be­son­de­ren in der Richt­li­nie 2002/58/EG fest­ge­leg­ten Pflich­ten un­ter­lie­gen, die das­sel­be Ziel ver­fol­gen. Art. 95 DS­G­VO führt nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut nicht zu ei­ner ge­ne­rel­len Ver­drän­gung der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung im An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie 2002/58/EG, son­dern re­gelt die Ab­gren­zung der An­wen­dungs­be­rei­che der Ver­ord­nung und der Richt­li­nie im Kol­li­si­ons­fall. Die­ser Kol­li­si­ons­fall ist nur dann ge­ge­ben, wenn bei­de Rechts­ak­te kon­kur­rie­ren­de Pflich­ten ent­hal­ten, die das­sel­be Ziel ver­fol­gen (vgl. BGH, Ur­teil vom 28. Mai 2020 - I ZR 7/16 - ‌N­JW 2020, 2540 Rn. 59). Ob ein Vor­rang der Re­ge­lun­gen der Richt­li­nie 2002/58/EG be­steht, kann dem­nach nicht ein­heit­lich be­ur­teilt wer­den, son­dern nur in Be­zug auf kon­kret ge­re­gel­te Pflich­ten.

30 cc) Die für die von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­te Da­ten­ver­ar­bei­tung nun­mehr ma­ß­geb­li­chen Be­stim­mun­gen der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung un­ter­schei­den sich so­wohl hin­sicht­lich des Tat­be­stan­des ((1)) als auch der Rechts­fol­ge ((2)) von den Be­stim­mun­gen des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes in der bei Er­lass des Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 gel­ten­den Fas­sung.

31 (1) Zum ei­nen sind die im vor­lie­gen­den Fall ma­ß­geb­li­chen Zu­läs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen für die Da­ten­ver­ar­bei­tung in der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung ab­wei­chend von der frü­he­ren Fas­sung des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes ge­re­gelt. Ei­ne mit § 28 Abs. 3 BDSG a. F. ver­gleich­ba­re spe­zi­el­le Re­ge­lung der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten für Zwe­cke der Wer­bung fehlt in der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung. Viel­mehr ist auch in Be­zug auf die­se Ver­ar­bei­tungs­zwe­cke nun­mehr Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 DS­G­VO ma­ß­geb­lich. Die­se Be­stim­mung ent­hält ei­ne er­schöp­fen­de und ab­schlie­ßen­de Lis­te der Fäl­le, in de­nen ei­ne Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten als recht­mä­ßig an­ge­se­hen wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 4. Ju­li 2023 - C-252/21 [ECLI:​​EU:​​C:​​2023:​​537], Me­ta Plat­forms u. a. <All­ge­mei­ne Nut­zungs­be­din­gun­gen ei­nes so­zia­len Netz­werks> - ‌Rn. 90, vom 12. Sep­tem­ber 2024 - C-17 und 18/22 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​738], HTB Neun­te Im­mo­bi­li­en Port­fo­lio ge­schlos­se­ne In­vest­ment UG & Co. KG - Rn. 34 und vom 4. Ok­to­ber 2024 - C-200/23 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​827], Agent­sia po vpis­va­niya­ta - Rn. 94). Ha­ben die Be­trof­fe­nen nicht rechts­wirk­sam in die Ver­ar­bei­tung ih­rer per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ein­ge­wil­ligt (Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 4 Nr. 11 DS­G­VO), sind Ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge nur recht­mä­ßig, wenn sie auf min­des­tens ei­nen Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. b bis f DS­G­VO ge­stützt wer­den kön­nen. In dem vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung kommt als Er­laub­nis­tat­be­stand ne­ben der Ein­wil­li­gung (Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. a DS­G­VO) le­dig­lich Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO in Be­tracht. Da­nach muss die Ver­ar­bei­tung zur Wah­rung der be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nes Drit­ten er­for­der­lich sein, so­fern nicht die In­ter­es­sen oder Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten der be­trof­fe­nen Per­son, die den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten er­for­dern, über­wie­gen.

32 Das sich aus Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO er­ge­ben­de Prüf­pro­gramm hat der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) in sei­ner Recht­spre­chung wei­ter kon­kre­ti­siert. Da­nach ist die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten un­ter drei ku­mu­la­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen recht­mä­ßig: Ers­tens muss von dem für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen oder von ei­nem Drit­ten ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se wahr­ge­nom­men wer­den, zwei­tens muss die Ver­ar­bei­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten zur Ver­wirk­li­chung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses er­for­der­lich sein und drit­tens dür­fen die In­ter­es­sen oder Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten der Per­son, de­ren Da­ten ge­schützt wer­den sol­len, nicht über­wie­gen. Was ers­tens die Vor­aus­set­zung der Wahr­neh­mung ei­nes "be­rech­tig­ten In­ter­es­ses" be­trifft, ist in Er­man­ge­lung ei­ner De­fi­ni­ti­on die­ses Be­griffs durch die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung fest­zu­stel­len, dass ein brei­tes Spek­trum von In­ter­es­sen grund­sätz­lich als be­rech­tigt gel­ten kann. Was zwei­tens die Vor­aus­set­zung der Er­for­der­lich­keit der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zur Ver­wirk­li­chung des wahr­ge­nom­me­nen be­rech­tig­ten In­ter­es­ses an­geht, so ver­langt die­se die Prü­fung, ob das be­rech­tig­te In­ter­es­se an der Ver­ar­bei­tung der Da­ten nicht in zu­mut­ba­rer Wei­se eben­so wirk­sam mit an­de­ren Mit­teln er­reicht wer­den kann, die we­ni­ger stark in die Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten der be­trof­fe­nen Per­so­nen, ins­be­son­de­re die durch die Art. 7 und 8 GRC ga­ran­tier­ten Rech­te auf Ach­tung des Pri­vat­le­bens und auf Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten, ein­grei­fen. Die Vor­aus­set­zung der Er­for­der­lich­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung ist ge­mein­sam mit dem so­ge­nann­ten Grund­satz der "Da­ten­mi­ni­mie­rung" zu prü­fen, der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DS­G­VO ver­an­kert ist und ver­langt, dass per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten "dem Zweck an­ge­mes­sen und er­heb­lich so­wie auf das für die Zwe­cke der Ver­ar­bei­tung not­wen­di­ge Maß be­schränkt" sind. Was schlie­ß­lich drit­tens die Vor­aus­set­zung be­trifft, dass die In­ter­es­sen oder Grund­frei­hei­ten und Grund­rech­te der Per­son, de­ren Da­ten ge­schützt wer­den sol­len, ge­gen­über dem be­rech­tig­ten In­ter­es­se des Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nes Drit­ten nicht über­wie­gen, so hat der Eu­GH ent­schie­den, dass die­se Vor­aus­set­zung ei­ne Ab­wä­gung der je­wei­li­gen ein­an­der ge­gen­über­ste­hen­den Rech­te und In­ter­es­sen ge­bie­tet, die grund­sätz­lich von den kon­kre­ten Um­stän­den des Ein­zel­falls ab­hängt, und dass es da­her Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts ist, die­se Ab­wä­gung un­ter Be­rück­sich­ti­gung die­ser spe­zi­fi­schen Um­stän­de vor­zu­neh­men. Au­ßer­dem kön­nen nach dem 47. Er­wä­gungs­grund der DS­G­VO die In­ter­es­sen und Grund­rech­te der be­trof­fe­nen Per­son das In­ter­es­se des Ver­ant­wort­li­chen ins­be­son­de­re dann über­wie­gen, wenn per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten in Si­tua­tio­nen ver­ar­bei­tet wer­den, in de­nen ei­ne be­trof­fe­ne Per­son ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht mit ei­ner sol­chen Ver­ar­bei­tung rech­net (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 4. Ju­li 2023 - C-252/21 - Rn. 106 ff., vom 7. De­zem­ber 2023 - C-26 und 64/22 [ECLI:​​EU:​​C:​​2023:​​958], SCHU­FA Hol­ding <Rest­schuld­be­frei­ung> - Rn. 76 ff. und vom 12. Sep­tem­ber 2024 ‌- C-17 und 18/22 - Rn. 49 ff.).

33 (2) Zum an­de­ren wei­chen die nun­mehr in Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO ge­re­gel­ten Be­fug­nis­se der Auf­sichts­be­hör­de zur Be­sei­ti­gung fest­ge­stell­ter Rechts­ver­stö­ße von den­je­ni­gen nach der frü­he­ren Rechts­la­ge ab. An­ders als die da­ten­schutz­recht­li­che Ge­ne­ral­klau­sel des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a. F., die den Auf­sichts­be­hör­den kei­ne kon­kre­ten Ab­hil­fe­maß­nah­men vor­gab, sieht Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO ei­nen ab­ge­stuf­ten Maß­nah­men­ka­ta­log vor. Zwar ent­spricht die der Auf­sichts­be­hör­de durch Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO ein­ge­räum­te Be­fug­nis, ei­ne vor­über­ge­hen­de oder end­gül­ti­ge Be­schrän­kung der Ver­ar­bei­tung, ein­schlie­ß­lich ei­nes Ver­bots, zu ver­hän­gen, hin­sicht­lich der Rechts­fol­ge par­ti­ell der in § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. ent­hal­te­nen Er­mäch­ti­gung, die Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung oder den Ein­satz ein­zel­ner Ver­fah­ren zu un­ter­sa­gen. De­ckungs­gleich sind die je­wei­li­gen ge­nann­ten Be­fug­nis­se je­doch schon des­halb nicht, weil § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a. F. – wie er­wähnt - nur bei schwer­wie­gen­den Ver­stö­ßen oder Män­geln, ins­be­son­de­re sol­chen an­wend­bar war, die mit ei­ner be­son­de­ren Ge­fähr­dung des Per­sön­lich­keits­rechts ver­bun­den wa­ren, und zu­dem vor­aus­setz­te, dass Ver­stö­ße oder Män­gel ent­ge­gen der An­ord­nung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a. F. und trotz der Ver­hän­gung ei­nes Zwangs­gel­des nicht in an­ge­mes­se­ner Zeit be­sei­tigt wur­den. Der­ar­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen ent­hält Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO nicht.

34 b) Der An­trag auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG ist je­doch des­halb nicht be­grün­det, weil sich die dar­ge­stell­te Än­de­rung der Rechts­la­ge nicht zu Guns­ten der Klä­ge­rin aus­wirkt.

35 aa) Ei­ne Än­de­rung der Rechts­la­ge wirkt sich dann - wie nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG er­for­der­lich - zu Guns­ten des Be­trof­fe­nen aus, wenn die Än­de­rung der für den er­gan­ge­nen Ver­wal­tungs­akt ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­nor­men da­zu führt, dass ei­ne dem Be­trof­fe­nen güns­ti­ge­re Ent­schei­dung er­for­der­lich oder doch mög­lich ist (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 17. Au­gust 2011 ‌- 6 C 9.10 - BVer­w­GE 140, 221 Rn. 55, vom 20. No­vem­ber 2018 - 1 C 23.17 - ‌B­Ver­w­GE 163, 370 Rn. 13, vom 13. Au­gust 2020 - 1 C 23.19 - Buch­holz 412.3 § 15 BVFG Nr. 41 Rn. 15, vom 26. Ja­nu­ar 2021 - 1 C 1.20 - Buch­holz 316 § 51 VwVfG Nr. 66 Rn. 24 und vom 20. April 2023 - 1 C 4.22 - NVwZ-RR 2023, 1011 Rn. 16).

36 Von der Mög­lich­keit ei­ner dem Be­trof­fe­nen güns­ti­ge­ren Ent­schei­dung ist im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nicht - et­wa ver­gleich­bar in­so­weit mit dem Prü­fungs­maß­stab bei der Kla­ge­be­fug­nis (§ 42 Abs. 2 Vw­GO) – be­reits dann aus­zu­ge­hen, wenn ei­ne dem Be­trof­fe­nen güns­ti­ge­re Ent­schei­dung nicht of­fen­sicht­lich und ein­deu­tig nach je­der Be­trach­tungs­wei­se aus­ge­schlos­sen ist. Viel­mehr hat das Ge­richt im Rah­men der Ent­schei­dung über die Be­gründet­heit des Wie­der­auf­nah­me­an­trags nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 (S)VwVfG grund­sätz­lich ab­schlie­ßend zu prü­fen, ob an dem un­an­fecht­ba­ren Ver­wal­tungs­akt auf der Grund­la­ge der neu­en Rechts­la­ge fest­zu­hal­ten ist. Le­dig­lich in sol­chen Fäl­len, in de­nen ein Er­mes­sen der Be­hör­de be­steht, muss es für die Be­gründet­heit des An­trags auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens aus­rei­chen, dass die Mög­lich­keit ei­ner Aus­übung des Er­mes­sens zu Guns­ten des Be­trof­fe­nen nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann (vgl. En­gels, in: Mann/​Sen­ne­kamp/​Uech­tritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 51 Rn. 30; Sachs, in: Stel­kens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 51 Rn. 92; Fal­ken­bach, in: Ba­der/​Ro­nel­len­fitsch, Be­ck­OK VwVfG, Stand Ja­nu­ar 2025, § 51 Rn. 33). Ist das Er­mes­sen in dem kon­kre­ten Fall hin­ge­gen auf Null re­du­ziert, ist dies eben­falls nicht erst im Rah­men ei­ner neu­en Sach­ent­schei­dung, son­dern be­reits im Rah­men der Be­gründet­heit des An­trags auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens zu be­rück­sich­ti­gen.

37 Für das Er­for­der­nis ei­ner un­ein­ge­schränk­ten Sach­prü­fung im Rah­men der Ent­schei­dung des Ge­richts über die Be­gründet­heit des Wie­der­auf­nah­me­an­trags nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG spricht be­reits der Ge­set­zes­wort­laut. Denn die­ser ver­langt nicht et­wa nur, dass sich die dem Ver­wal­tungs­akt zu­grun­de­lie­gen­de Rechts­la­ge zu Guns­ten des Be­trof­fe­nen ge­än­dert ha­ben könn­te, son­dern dass sie sich ge­än­dert "hat". Die­ses Ver­ständ­nis trägt zu­dem dem Grund­satz der Rechts­si­cher­heit Rech­nung. Die­ser for­dert, dass die durch § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG be­wirk­te Durch­bre­chung der Be­stands- und Rechts­kraft bei Än­de­rung der Rechts­la­ge auf Aus­nah­me­fäl­le be­grenzt bleibt. Dem­entspre­chend ist in Be­zug auf den in § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ge­re­gel­ten Wie­der­auf­grei­fens­grund des Vor­lie­gens neu­er Be­weis­mit­tel, die ei­ne dem Be­trof­fe­nen güns­ti­ge­re Ent­schei­dung her­bei­ge­führt ha­ben wür­den, in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts ge­klärt, dass das zu­läs­si­ger­wei­se gel­tend ge­mach­te neue Be­weis­mit­tel so be­schaf­fen sein muss, dass es die Rich­tig­keit der tat­säch­li­chen Ent­schei­dungs­grund­la­ge des Ver­wal­tungs­ak­tes er­schüt­tert, und zu der si­che­ren Über­zeu­gung führt, dass die Be­hör­de sei­ner­zeit von fal­schen tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen aus­ge­gan­gen ist und in Kennt­nis der wirk­li­chen Ver­hält­nis­se zu Guns­ten des Be­trof­fe­nen ent­schie­den hät­te (BVer­wG, Ur­tei­le vom 28. Ju­li 1989 - 7 C 78.88 - BVer­w­GE 82, 272 <277 f.> und vom 20. April 2023 - 1 C 4.22 - NVwZ-RR 2023, 1011 Rn. 31; Be­schlüs­se vom 29. Ok­to­ber 1997 - 7 B 336.97 - VIZ 1998, 86 f., vom 3. Mai 2000 - 8 B 352.99 - Buch­holz 316 § 51 VwVfG Nr. 42 und vom 26. Ja­nu­ar 2015 - 3 B 3.14 - Buch­holz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 Vw­GO Nr. 74 Rn. 8).

38 Schlie­ß­lich steht auch der Ge­sichts­punkt der Pro­zes­s­öko­no­mie ei­ner nur ein­ge­schränk­ten Sach­prü­fung im Rah­men der ge­richt­li­chen Ent­schei­dung über die Be­gründet­heit des Wie­der­auf­nah­me­an­trags nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG ent­ge­gen. Denn wenn der An­trag auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens zu­läs­sig und be­grün­det ist, muss das Ge­richt oh­ne­hin auf­grund sei­ner Ver­pflich­tung, die Streit­sa­che im Sin­ne des § 113 Abs. 5 Satz 1 Vw­GO in vol­lem Um­fang spruch­reif ma­chen, die not­wen­di­gen Prü­fun­gen und Fest­stel­lun­gen selbst vor­neh­men und so­dann ab­schlie­ßend in der Sa­che ent­schei­den (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 1998 - 9 C 28.97 - BVer­w­GE 106, 171 <172> m. w. N.). Durch die Vor­ver­la­ge­rung die­ser um­fas­sen­den ge­richt­li­chen Prü­fung auf die Ebe­ne der Ent­schei­dung, ob die Be­stands­kraft des be­tref­fen­den Ver­wal­tungs­ak­tes im We­ge des Wie­der­auf­grei­fens nach § 51 VwVfG zu durch­bre­chen ist, wird ei­ne zu­min­dest par­ti­el­le Dop­pel­prü­fung ver­mie­den.

39 bb) Die so­mit be­reits im Rah­men der Be­gründet­heit des An­trags auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG vor­zu­neh­men­de um­fas­sen­de ge­richt­li­che Prü­fung in der Sa­che führt zu dem Er­geb­nis, dass auch auf der Grund­la­ge der nun­mehr ma­ß­geb­li­chen Rechts­la­ge kei­ne für die Klä­ge­rin güns­ti­ge­re Ent­schei­dung in Be­tracht kommt. Der von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­te An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Auf­he­bung des be­stands­kräf­ti­gen Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 be­steht nicht, weil die Be­klag­te auch auf der Grund­la­ge der neu­en Rechts­la­ge ei­ne Ent­schei­dung glei­chen In­halts er­las­sen müss­te.

40 Als Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge für die Un­ter­sa­gung der von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­ten Da­ten­ver­ar­bei­tung zu dem Zweck der te­le­fo­ni­schen An­spra­che von Zahn­arzt­pra­xen mit dem Ziel, in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­spro­che­nen Edel­me­tal­le an die Klä­ge­rin ver­kau­fen möch­ten, kommt nun­mehr - wie be­reits aus­ge­führt - aus­schlie­ß­lich die un­mit­tel­bar gel­ten­de Be­stim­mung des Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO in Be­tracht. Da­nach ver­fügt die Auf­sichts­be­hör­de über Ab­hil­fe­be­fug­nis­se, die es ihr ge­stat­ten, ei­ne vor­über­ge­hen­de oder end­gül­ti­ge Be­schrän­kung der Ver­ar­bei­tung, ein­schlie­ß­lich ei­nes Ver­bots, zu ver­hän­gen.

41 Die Be­klag­te müss­te auch auf der Grund­la­ge der nun­mehr gel­ten­den Be­stim­mun­gen der Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f so­wie Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO das von der Klä­ge­rin prak­ti­zier­te Ver­hal­ten un­ter­sa­gen, da ein Ver­stoß ge­gen die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung vor­liegt ((1)) und das nach Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO hin­sicht­lich der Rechts­fol­ge grund­sätz­lich ein­ge­räum­te Er­mes­sen der Be­klag­ten man­gels an­de­rer ge­eig­ne­ter Ab­hil­fe­maß­nah­men re­du­ziert ist ((2)).

42 (1) Das durch den un­an­fecht­ba­ren Be­scheid der Be­klag­ten vom 10. Ja­nu­ar 2017 auf der Grund­la­ge der da­mals noch gel­ten­den Fas­sung des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes un­ter­sag­te Vor­ge­hen der Klä­ge­rin ver­stö­ßt ge­gen die Vor­ga­ben der nun­mehr gel­ten­den Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung. Denn die Klä­ge­rin ver­ar­bei­tet per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten der be­trof­fe­nen Zahn­ärz­te ((a)) oh­ne de­ren Ein­wil­li­gung ((b)). Zwar ist der Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz hier grund­sätz­lich an­wend­bar ((c)). Bei der Be­ur­tei­lung, ob die Da­ten­ver­ar­bei­tung zur Wah­rung ei­nes "be­rech­tig­ten In­ter­es­ses" im Sin­ne die­ser Be­stim­mung er­folgt, sind je­doch die Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu be­rück­sich­ti­gen ((d)), mit de­nen der von der Klä­ge­rin ver­folg­te Zweck der Da­ten­ver­ar­bei­tung nicht in Ein­klang steht ((e)).

43 (a) Die Na­men der In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen so­wie die je­wei­li­gen Pra­xis­an­schrif­ten und Te­le­fon­num­mern, die die Klä­ge­rin aus öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen wie z. B. den Gel­ben Sei­ten ent­nimmt, sind per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten im Sin­ne von Art. 4 Nr. 1 DS­G­VO. Denn es han­delt sich um In­for­ma­tio­nen, die sich auf ei­ne iden­ti­fi­zier­te oder iden­ti­fi­zier­ba­re na­tür­li­che Per­son - die be­trof­fe­ne Per­son - be­zie­hen. Bei der Er­he­bung der ge­nann­ten Da­ten durch die Klä­ge­rin, ih­rer Spei­che­rung in ei­ner Da­ten­bank so­wie ih­rer Ver­wen­dung für ei­ne te­le­fo­ni­sche An­spra­che der Zahn­arzt­pra­xen mit dem Ziel, in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­spro­che­nen Edel­me­tal­le an die Klä­ge­rin ver­kau­fen möch­ten, han­delt es sich je­weils um ei­ne Ver­ar­bei­tung im Sin­ne des Art. 4 Nr. 2 DS­G­VO durch die Klä­ge­rin als Ver­ant­wort­li­che nach Art. 4 Nr. 7 DS­G­VO. Dass die Ver­ar­bei­tung der Da­ten ge­mäß Art. 2 Abs. 1 DS­G­VO zu­min­dest teil­wei­se au­to­ma­ti­siert er­folgt, er­gibt sich be­reits aus dem Um­stand ih­rer Spei­che­rung in ei­ner Da­ten­bank. Die Da­ten­ver­ar­bei­tung er­folgt of­fen­sicht­lich auch nicht ge­mäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. a DS­G­VO im Rah­men ei­ner Tä­tig­keit, die nicht in den An­wen­dungs­be­reich des Uni­ons­rechts fällt mit der Fol­ge, dass die An­wend­bar­keit der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung in­so­weit ent­fie­le. Das Vor­ge­hen der Klä­ge­rin muss da­her mit den in Art. 5 DS­G­VO fest­ge­leg­ten Grund­sät­zen für die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten im Ein­klang ste­hen und in An­be­tracht des in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DS­G­VO vor­ge­se­he­nen Grund­sat­zes der Recht­mä­ßig­keit der Ver­ar­bei­tung ei­ne der in Art. 6 die­ser Ver­ord­nung auf­ge­führ­ten Be­din­gun­gen für die Recht­mä­ßig­keit der Ver­ar­bei­tung er­fül­len (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 20. Ok­to­ber 2022 - C-77/21 [ECLI:​​EU:​​C:​​2022:​​805], Di­gi - Rn. 49 und vom 7. De­zem­ber 2023 - C-634/21 [ECLI:​​EU:​​C:​​2023:​​957], SCHU­FA Hol­ding <Sco­ring> - Rn. 67).

44 (b) Die Klä­ge­rin kann die Ver­ar­bei­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der be­trof­fe­nen In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen nicht auf Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst a DS­G­VO stüt­zen. Da­nach ist die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten recht­mä­ßig, wenn und so­weit die be­trof­fe­ne Per­son ih­re Ein­wil­li­gung da­zu für ei­nen oder meh­re­re be­stimm­te Zwe­cke ge­ge­ben hat. Nach der Be­griffs­be­stim­mung in Art. 4 Nr. 11 DS­G­VO ist "Ein­wil­li­gung" der be­trof­fe­nen Per­son je­de frei­wil­lig für den be­stimm­ten Fall, in in­for­mier­ter Wei­se und un­miss­ver­ständ­lich ab­ge­ge­be­ne Wil­lens­be­kun­dung in Form ei­ner Er­klä­rung oder ei­ner sons­ti­gen ein­deu­ti­gen be­stä­ti­gen­den Hand­lung, mit der die be­trof­fe­ne Per­son zu ver­ste­hen gibt, dass sie mit der Ver­ar­bei­tung der sie be­tref­fen­den per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ein­ver­stan­den ist. Dass die­se Vor­aus­set­zun­gen hin­sicht­lich der Zahn­ärz­te, de­ren per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten die Klä­ge­rin ver­ar­bei­tet, er­füllt sind, hat die Klä­ge­rin nicht gel­tend ge­macht und ist auch nicht er­sicht­lich.

45 (c) Liegt kei­ne Ein­wil­li­gung der be­trof­fe­nen Per­son zu der Ver­ar­bei­tung der sie be­tref­fen­den per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. a DS­G­VO vor oder wur­de die Ein­wil­li­gung nicht frei­wil­lig für den be­stimm­ten Fall, in in­for­mier­ter Wei­se und un­miss­ver­ständ­lich im Sin­ne von Art. 4 Nr. 11 DS­G­VO er­teilt, ist ei­ne sol­che Ver­ar­bei­tung gleich­wohl ge­recht­fer­tigt, wenn sie ei­ne der in Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. b bis f ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen in Be­zug auf die Er­for­der­lich­keit er­füllt (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 4. Ok­to­ber 2024 ‌- C-200/23 - Rn. 95 m. w. N.). Grund­sätz­lich in Be­tracht kommt hier der Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO. Da­nach ist die Ver­ar­bei­tung auch dann recht­mä­ßig, wenn sie zur Wah­rung der be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nes Drit­ten er­for­der­lich ist, so­fern nicht die In­ter­es­sen oder Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten der be­trof­fe­nen Per­son, die den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten er­for­dern, über­wie­gen, ins­be­son­de­re dann, wenn es sich bei der be­trof­fe­nen Per­son um ein Kind han­delt.

46 Der grund­sätz­li­chen An­wend­bar­keit des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO steht nicht die An­nah­me des Be­ru­fungs­ur­teils ent­ge­gen, die Re­ge­lung kön­ne we­gen der Fort­gel­tung der Öff­nungs­klau­sel des Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG, die mit­glied­staat­li­che Re­ge­lun­gen er­lau­be, nach de­nen Te­le­fon­wer­bung oh­ne Ein­wil­li­gung des be­trof­fe­nen Teil­neh­mers nicht ge­stat­tet sei, nicht als Rechts­grund­la­ge für die Da­ten­ver­ar­bei­tung zum Zweck der te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che her­an­ge­zo­gen wer­den. Die­se Rechts­auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ver­stö­ßt ge­gen re­vi­si­bles Recht.

47 An­satz­punkt für ei­nen Vor­rang der Richt­li­nie 2002/58/EG könn­te nur die be­reits er­wähn­te Kol­li­si­ons­norm des Art. 95 DS­G­VO sein. Die­se Re­ge­lung be­trifft zwar nicht nur die Fäl­le der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten durch ei­nen Be­trei­ber von öf­fent­lich zu­gäng­li­chen elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­ten über öf­fent­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze mit dem Zweck der Be­reit­stel­lung der­sel­ben, son­dern auch die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch an­de­re Per­so­nen, so­fern die­se un­ter Nut­zung ei­nes elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­tes er­folgt und von der ge­nann­ten Richt­li­nie er­fasst wird (a. A. wohl Karg, in: Si­mi­tis/​Hor­nung/​Spiecker gen. Döh­mann, Da­ten­schutzR, 2. Aufl. 2025, Art. 95 DS­G­VO Rn. 1 und 4; Pa­pa­kon­stan­tin­ou/De Hert, in: Spiecker gen. Döh­mann u. a., Ge­ne­ral Da­ta Pro­tec­tion Re­gu­la­ti­on, Art. 95 Rn. 9; Jandt, in: Jandt/​Steid­le, Da­ten­schutz und In­ter­net, 2. Aufl. 2025, II Rn. 69). Da die­se Richt­li­nie - wie ge­ra­de in ih­rem hier ein­schlä­gi­gen Art. 13 - auch Pflich­ten an­de­rer Per­so­nen als der Be­trei­ber von öf­fent­lich zu­gäng­li­chen elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­ten über öf­fent­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze re­gelt, hät­te ei­ne Ein­schrän­kung des per­sön­li­chen An­wen­dungs­be­reichs im Wort­laut des Art. 95 DS­G­VO zu­min­dest an­klin­gen müs­sen. Dies ist in­des nicht der Fall. Viel­mehr steht ei­ne Da­ten­ver­ar­bei­tung auch dann "in Ver­bin­dung" mit der Be­reit­stel­lung des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­tes, wenn es sich bei dem­je­ni­gen, der den elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst be­reit­stellt, und dem­je­ni­gen, der Da­ten ver­ar­bei­tet, um un­ter­schied­li­che Per­so­nen han­delt. Für die­ses Ver­ständ­nis spricht fer­ner, dass Art. 95 DS­G­VO den Wort­laut des Art. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG auf­greift, wo­nach die­se Richt­li­nie für die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten "in Ver­bin­dung mit der Be­reit­stel­lung öf­fent­lich zu­gäng­li­cher elek­tro­ni­scher Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te in öf­fent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zen" gilt.

48 Art. 95 DS­G­VO führt hier je­doch des­halb nicht zur Un­an­wend­bar­keit des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO, weil es sich bei Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG nicht um ei­ne Re­ge­lung han­delt, in Be­zug auf wel­che die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung na­tür­li­chen oder ju­ris­ti­schen Per­so­nen "zu­sätz­li­che Pflich­ten" auf­er­legt. Das Ge­gen­teil ist der Fall: Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG ent­hält im Hin­blick auf un­er­be­te­ne Nach­rich­ten zum Zweck der Di­rekt­wer­bung stren­ge­re Vor­ga­ben als die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung. Wäh­rend nach der Ver­ord­nung auch in­so­weit die all­ge­mei­nen Re­ge­lun­gen gel­ten, be­stimmt Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie, dass die Mit­glied­staa­ten ge­eig­ne­te Maß­nah­men er­grei­fen, um - ge­büh­ren­frei für die Teil­neh­mer - si­cher­zu­stel­len, dass au­ßer in den in den Ab­sät­zen 1 und 2 ge­nann­ten Fäl­len un­er­be­te­ne Nach­rich­ten zum Zweck der Di­rekt­wer­bung, die ent­we­der oh­ne die Ein­wil­li­gung der be­tref­fen­den Teil­neh­mer er­fol­gen oder an Teil­neh­mer ge­rich­tet sind, die kei­ne sol­chen Nach­rich­ten er­hal­ten möch­ten, nicht ge­stat­tet sind; wel­che die­ser Op­tio­nen ge­wählt wird, ist im in­ner­staat­li­chen Recht zu re­geln. Die­ser an die na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber ge­rich­te­te Re­ge­lungs­auf­trag führt im Er­geb­nis zu ei­ner Aus­wei­tung der Ver­pflich­tung der Ver­ant­wort­li­chen, die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten oh­ne aus­drück­li­che Ein­wil­li­gung zu un­ter­las­sen. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO und Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG sind dem­nach grund­sätz­lich ne­ben­ein­an­der an­wend­bar.

49 (d) Auf dem dar­ge­leg­ten Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht be­ruht das Be­ru­fungs­ur­teil je­doch nicht (§ 137 Abs. 1 Vw­GO). Denn das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat selbst­stän­dig tra­gend dar­auf ab­ge­stellt, dass bei der Be­ur­tei­lung, ob die Da­ten­ver­ar­bei­tung zur Wah­rung ei­nes "be­rech­tig­ten In­ter­es­ses" im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO er­folgt, die Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu be­rück­sich­ti­gen sind. Die­se Be­grün­dung steht mit re­vi­si­blem Recht in Ein­klang.

50 Da­bei kann die grund­sätz­li­che Fra­ge of­fen­blei­ben, ob Maß­stä­be und Wer­tun­gen des na­tio­na­len Rechts ge­ne­rell bei der Kon­kre­ti­sie­rung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO her­an­ge­zo­gen wer­den dür­fen. Ge­gen ei­ne sol­che ge­ne­rel­le Be­rück­sich­ti­gung spricht, dass die Mit­glied­staa­ten nach der Recht­spre­chung des Eu­GH nicht be­fugt sind, er­gän­zen­de Vor­schrif­ten für die An­wen­dung der in Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. a, b und f DS­G­VO ge­nann­ten Be­din­gun­gen für die Recht­mä­ßig­keit zu er­las­sen, da ei­ne sol­che Be­fug­nis nach Art. 6 Abs. 3 DS­G­VO auf die in Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. c und e DS­G­VO ge­nann­ten Grün­de be­schränkt ist (Eu­GH, Ur­teil vom 7. De­zem­ber 2023 - C-634/21 - Rn. 69). Oh­ne ei­ne en­ge Be­gren­zung der Re­ge­lungs­be­fug­nis der Mit­glied­staa­ten könn­te das Ziel der Har­mo­ni­sie­rung des Rechts im Be­reich des Schut­zes per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten ver­ei­telt wer­den (vgl. Schluss­an­trä­ge des Ge­ne­ral­an­walts Pi­ka­mäe vom 16. März 2023 - C-634/21 [ECLI:​​EU:​​C:​​2023:​​220], SCHU­FA Hol­ding <Sco­ring> - Rn. 69). In Be­zug auf Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO hat der Eu­GH fer­ner klar­ge­stellt, dass die Mit­glied­staa­ten nicht das Er­geb­nis der Ab­wä­gung der ein­an­der ge­gen­über­ste­hen­den Rech­te und In­ter­es­sen ab­schlie­ßend vor­schrei­ben dür­fen (Eu­GH, Ur­teil vom 7. De­zem­ber 2023 - C-634/21 - Rn. 70).

51 Auf der an­de­ren Sei­te fin­den sich in der neu­es­ten Recht­spre­chung des Eu­GH ge­wich­ti­ge An­halts­punk­te da­für, dass im Rah­men der Be­ur­tei­lung, ob ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO wahr­ge­nom­men wird, durch­aus auch Vor­ga­ben des na­tio­na­len Rechts be­rück­sich­tigt wer­den dür­fen. So hat der Eu­GH es wie­der­holt als Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts an­ge­se­hen, das Be­stehen ei­nes sol­chen In­ter­es­ses im Ein­zel­fall "un­ter Be­rück­sich­ti­gung des an­wend­ba­ren Rechts­rah­mens" und al­ler Um­stän­de der Rechts­sa­che zu be­ur­tei­len (Eu­GH, Ur­tei­le vom 12. Sep­tem­ber 2024 - C-17 und 18/22 - Rn. 56 f. so­wie vom 4. Ok­to­ber 2024 - C-621/22 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​858], Kon­in­k­li­jke Ne­der­land­se La­wn Ten­nis­bond - Rn. 49). Aus dem je­wei­li­gen Kon­text der ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen lässt sich schlie­ßen, dass der Eu­GH von dem "an­wend­ba­ren Rechts­rah­men" auch das na­tio­na­le Recht mit­um­fasst sieht. Dies spricht da­für, dass Maß­stä­be und Wer­tun­gen des na­tio­na­len Rechts zu­min­dest dann bei der Kon­kre­ti­sie­rung der be­rech­tig­ten In­ter­es­sen im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen, wenn sie kei­nen da­ten­schutz­spe­zi­fi­schen Ge­halt auf­wei­sen und da­mit nicht die Ge­fahr ei­ner Um­ge­hung der in der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung vor­ge­se­he­nen Öff­nungs­klau­seln be­steht.

52 Die Grund­satz­fra­ge, ob Vor­ga­ben des na­tio­na­len Rechts ge­ne­rell oder je­den­falls dann bei der Kon­kre­ti­sie­rung der be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ver­ant­wort­li­chen im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO her­an­ge­zo­gen wer­den dür­fen, wenn es sich nicht um da­ten­schutz­spe­zi­fi­sche Re­ge­lun­gen han­delt, be­darf hier je­doch des­halb kei­ner Ent­schei­dung, weil der deut­sche Ge­setz­ge­ber mit § 7 UWG die in Art. 13 der Richt­li­nie 2002/58/EG ent­hal­te­nen Vor­ga­ben zum Schutz der Pri­vat­sphä­re der Be­trof­fe­nen vor un­ver­langt auf elek­tro­ni­schem Weg zu­ge­sand­ter Wer­bung um­ge­setzt hat (vgl. BT-Drs. 15/1487 S. 15, 21; BGH, Ur­tei­le vom 16. Ju­li 2008 - VIII ZR 348/06 - BGHZ 177, 253 Rn. 30 und vom 10. Ju­li 2018 - VI ZR 225/17 - BGHZ 219, 233 Rn. 12). Es wi­der­sprä­che da­her je­den­falls dem Grund­satz der Ein­heit der Uni­ons­rechts­ord­nung (vgl. zu die­ser: Eu­GH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2024 - C-351/22 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​723], Ne­ves 77 So­lu­ti­ons SRL - Rn. 50 in Be­zug auf das uni­ons­recht­li­che Rechts­schutz­sys­tem), der auch ei­ne ko­hä­ren­te und wi­der­spruchs­freie Aus­le­gung un­ter­schied­li­cher Rechts­tex­te des se­kun­dä­ren Uni­ons­rechts ver­langt, wenn die­se lau­ter­keits­recht­li­chen Wer­tun­gen des Art. 13 der nach Ma­ß­ga­be von Art. 95 DS­G­VO ne­ben der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung an­zu­wen­den­den Richt­li­nie 2002/58/EG bei der Kon­kre­ti­sie­rung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO au­ßer Be­tracht blei­ben müss­ten.

53 Zwi­schen dem Da­ten­schutz­recht und dem Recht des un­lau­te­ren Wett­be­werbs be­steht zu­dem ei­ne en­ge Ver­knüp­fung. So hat der Eu­GH fest­ge­stellt, dass der Ver­stoß ge­gen ei­ne Vor­schrift zum Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten gleich­zei­tig den Ver­stoß ge­gen Vor­schrif­ten über den Ver­brau­cher­schutz oder un­lau­te­re Ge­schäfts­prak­ti­ken nach sich zie­hen und es zur Wah­rung ei­nes lau­te­ren Wett­be­werbs er­for­der­lich sein kann, bei der Durch­set­zung des Wett­be­werbs­rechts und der Re­geln über un­lau­te­re Ge­schäfts­prak­ti­ken die Vor­schrif­ten zum Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zu be­rück­sich­ti­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 4. Ok­to­ber 2024 ‌- C-21/23 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​846], Lin­den­apo­the­ke - Rn. 55 f.). Durch ei­ne Ko­exis­tenz von da­ten­schutz­recht­li­chen und wett­be­werbs­recht­li­chen Rechts­be­hel­fen sei kei­ne Ge­fahr für die ein­heit­li­che Durch­set­zung der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung zu be­fürch­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 4. Ok­to­ber 2024 ‌- C-21/23 - Rn. 67). Da­bei stellt der Eu­GH ma­ß­geb­lich auf die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der ma­te­ri­el­len Be­stim­mun­gen der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung und de­ren Ziel ab, ein ho­hes Schutz­ni­veau für das Recht je­der Per­son auf Schutz der sie be­tref­fen­den per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten zu ge­währ­leis­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 4. Ok­to­ber 2024 - C-21/23 - Rn. 62 ff., 71).

54 (e) Hier­von aus­ge­hend fehlt es der Klä­ge­rin an ei­nem be­rech­tig­ten In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO, weil der von ihr ver­folg­te Zweck der Da­ten­ver­ar­bei­tung ge­gen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ver­stö­ßt.

55 Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG ist ei­ne ge­schäft­li­che Hand­lung, durch die ein Markt­teil­neh­mer in un­zu­mut­ba­rer Wei­se be­läs­tigt wird, un­zu­läs­sig. Dies gilt ge­mäß § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG ins­be­son­de­re für Wer­bung, ob­wohl er­kenn­bar ist, dass der an­ge­spro­che­ne Markt­teil­neh­mer die­se Wer­bung nicht wünscht. Hier­an an­knüp­fend be­stimmt § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG, dass ei­ne un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung stets an­zu­neh­men ist bei Wer­bung mit ei­nem Te­le­fon­an­ruf ge­gen­über ei­nem Ver­brau­cher oh­ne des­sen vor­he­ri­ge aus­drück­li­che Ein­wil­li­gung oder ge­gen­über ei­nem sons­ti­gen Markt­teil­neh­mer oh­ne des­sen zu­min­dest mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung. Bei der von der Klä­ge­rin durch­ge­führ­ten te­le­fo­ni­schen An­spra­che der In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen mit dem Ziel, in Er­fah­rung zu brin­gen, ob die An­ge­spro­che­nen Edel­me­tal­le an die Klä­ge­rin ver­kau­fen möch­ten, han­delt es sich um ei­ne nach die­sen Vor­ga­ben un­zu­läs­si­ge ge­schäft­li­che Hand­lung. Denn das Vor­ge­hen der Klä­ge­rin ist als Wer­bung zu qua­li­fi­zie­ren ((aa)), für die es an der bei sons­ti­gen Markt­teil­neh­mern er­for­der­li­chen mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung der Wer­be­adres­sa­ten fehlt ((bb)).

56 (aa) Die Te­le­fon­an­ru­fe, mit de­nen die Klä­ge­rin die Be­reit­schaft der an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­te zum Ver­kauf von Edel­me­tal­len in Er­fah­rung zu brin­gen ver­sucht, sind als Wer­bung im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu qua­li­fi­zie­ren. Denn nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs, der der Se­nat folgt, er­fasst der in § 7 Abs. 2 UWG ge­nann­te Be­griff der Wer­bung grund­sätz­lich auch Nach­fra­ge­hand­lun­gen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich an Ge­wer­be­trei­ben­de oder Frei­be­ruf­ler rich­ten (BGH, Ur­teil vom 15. De­zem­ber 2015 - VI ZR 134/15 - ‌N­JW 2016, 870 Rn. 9, 14). Dies folgt aus dem Zweck des § 7 UWG, sol­che Hand­lun­gen als un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung zu ver­bie­ten, die be­reits we­gen ih­rer Art und Wei­se un­ab­hän­gig von ih­rem In­halt als Be­läs­ti­gung emp­fun­den wer­den (vgl. BT-Drs. 15/1487 S. 20). Für das Schutz­be­dürf­nis des Emp­fän­gers stellt es kei­nen Un­ter­schied dar, ob er un­auf­ge­for­dert Kauf­an­ge­bo­te für Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen er­hält oder ihm An­fra­gen zu­ge­hen, in de­nen sol­che nach­ge­fragt wer­den. Die Ein­be­zie­hung von Nach­fra­ge­hand­lun­gen, die sich auf den Be­zug der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen rich­ten, die ein Un­ter­neh­men für sei­ne ei­ge­ne Ge­schäfts­tä­tig­keit auf dem Markt be­nö­tigt, steht im Ein­klang mit ei­nem am Ziel der Ab­satz­för­de­rung ori­en­tier­ten Ver­ständ­nis des Be­griffs der Wer­bung (BGH, Ur­teil vom 15. De­zem­ber 2015 - VI ZR 134/15 - NJW 2016, 870 Rn. 12 f.).

57 Dem von der Klä­ge­rin her­vor­ge­ho­be­nen Um­stand, dass in Art. 13 der Richt­li­nie 2002/58/EG, des­sen Um­set­zung § 7 UWG dient, der Be­griff der "Di­rekt­wer­bung" ver­wen­det wird, kommt dem­ge­gen­über kei­ne Be­deu­tung zu. Nach der ge­nann­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ist Di­rekt­wer­bung ge­ge­ben, wenn der Wer­ben­de ei­nen un­mit­tel­ba­ren Kon­takt zu ei­nem be­stimm­ten Adres­sa­ten her­stellt, sei es durch per­sön­li­che An­spra­che, Brief­sen­dun­gen oder durch Ein­satz von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln wie Te­le­fon, Te­le­fax oder E-Mail (BGH, Ur­teil vom 15. De­zem­ber 2015 - VI ZR 134/15 - NJW 2016, 870 Rn. 16). Dass der In­halt der Wer­bung auf das An­ge­bot von Wa­ren bzw. Dienst­leis­tun­gen ge­rich­tet sein müss­te und Nach­fra­ge­hand­lun­gen da­mit nicht er­fasst wä­ren, lässt sich dem Be­griff der Di­rekt­wer­bung nicht an­satz­wei­se ent­neh­men.

58 (bb) Da sich die An­ru­fe der Klä­ge­rin an die In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen in dem Rah­men von de­ren ge­werb­li­cher oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit rich­ten, sind die­se zwar nicht als Ver­brau­cher zu be­han­deln, bei de­nen ei­ne un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG be­reits dann an­zu­neh­men wä­re, wenn es an ei­ner aus­drück­li­chen Ein­wil­li­gung feh­le. Die ab­wei­chen­de Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ver­stö­ßt ge­gen re­vi­si­bles Recht. Da­nach soll § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG mit Blick dar­auf, dass Art. 13 Abs. 3 und 5 der Richt­li­nie 2002/58/EG nicht zwi­schen den Be­grif­fen der "Ver­brau­cher" und der "sons­ti­gen Markt­teil­neh­mer", son­dern nur zwi­schen na­tür­li­chen und ju­ris­ti­schen Per­so­nen un­ter­schie­den, "richt­li­ni­en­kon­form" aus­zu­le­gen sein. Art. 13 Abs. 3 und 5 der Richt­li­nie 2002/58/EG ist je­doch nicht zu ent­neh­men, dass der durch die Mit­glied­staa­ten zu ge­währ­leis­ten­de Schutz vor un­er­be­te­nen Nach­rich­ten zum Zweck der Di­rekt­wer­bung für al­le na­tür­li­chen Per­so­nen ein­heit­lich sein muss. Das Uni­ons­recht for­dert nur, dass grund­sätz­lich auch sol­che na­tür­li­chen Per­so­nen ge­schützt wer­den, die un­er­be­te­ne Te­le­fon­wer­bung nicht als Ver­brau­cher im Sin­ne des § 2 Abs. 2 UWG i. V. m. § 13 BGB er­hal­ten, son­dern im Rah­men ih­rer ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit. Hier­bei kann je­doch auch das Er­for­der­nis ei­ner mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung aus­rei­chend sein, wie § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG es für sons­ti­ge Markt­teil­neh­mer vor­sieht. Da die An­nah­me ei­ner mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung je­den­falls bei ei­nem aus­drück­li­chen Wi­der­spruch des Wer­be­adres­sa­ten aus­ge­schlos­sen ist, er­füllt § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG in­so­weit je­den­falls die An­for­de­run­gen der zwei­ten in Art. 13 Abs. 3 der Richt­li­nie 2002/58/EG ge­nann­ten "Op­ti­on", wo­nach un­er­be­te­ne Nach­rich­ten, die an Teil­neh­mer oder Nut­zer ge­rich­tet sind, die kei­ne sol­chen Nach­rich­ten er­hal­ten möch­ten, durch ge­eig­ne­te Maß­nah­men der Mit­glied­staa­ten zu un­ter­bin­den sind.

59 Die von der Klä­ge­rin durch­ge­führ­te te­le­fo­ni­sche An­spra­che der In­ha­ber von Zahn­arzt­pra­xen ist je­doch des­halb un­zu­läs­sig, weil es an der ge­mäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG bei sons­ti­gen Markt­teil­neh­mern er­for­der­li­chen mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung der Wer­be­adres­sa­ten fehlt. Da hier­auf auch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt selbst­stän­dig tra­gend ab­ge­stellt hat, be­ruht das Be­ru­fungs­ur­teil nicht auf dem fest­ge­stell­ten Rechts­ver­stoß. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs, der der Se­nat folgt und die auch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt sei­ner Ent­schei­dung zu­grun­de ge­legt hat, ist für die An­nah­me ei­ner mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung er­for­der­lich, dass auf Grund kon­kre­ter tat­säch­li­cher Um­stän­de ein sach­li­ches In­ter­es­se des An­zu­ru­fen­den an der Te­le­fon­wer­bung ver­mu­tet wer­den kann. Bei der Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob der An­ru­fer von ei­ner mut­ma­ß­li­chen Ein­wil­li­gung des an­zu­ru­fen­den Ge­wer­be­trei­ben­den aus­ge­hen kann, ist auf die Um­stän­de vor dem An­ruf so­wie auf die Art und den In­halt der Wer­bung ab­zu­stel­len. Ma­ß­geb­lich ist, ob der Wer­ben­de bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung der Um­stän­de an­neh­men durf­te, der An­zu­ru­fen­de er­war­te ei­nen sol­chen An­ruf oder wer­de ihm je­den­falls po­si­tiv ge­gen­über­ste­hen (BGH, Ur­tei­le vom 20. Sep­tem­ber 2007 - I ZR 88/05 - GRUR 2008, 189 Rn. 14 f. und vom 11. März 2010 - I ZR 27/08 - NJW 2010, 3239 Rn. 20 f.). Die mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung des an­zu­ru­fen­den Ge­wer­be­trei­ben­den muss sich nicht nur auf den In­halt, son­dern auch auf die Art der Wer­bung er­stre­cken. Der an­zu­ru­fen­de Ge­wer­be­trei­ben­de muss dem­entspre­chend mut­ma­ß­lich (ge­ra­de) auch mit ei­ner te­le­fo­ni­schen Kon­takt­auf­nah­me ein­ver­stan­den sein (BGH, Ur­tei­le vom 24. Ja­nu­ar 1991 - I ZR 133/89 - BGHZ 113, 282 <285>, vom 5. Fe­bru­ar 2004 - I ZR 87/02 - ‌GRUR 2004, 520 <521 f.> und vom 11. März 2010 - I ZR 27/08 - NJW 2010, 3239 Rn. 32).

60 Auf der Grund­la­ge der dar­ge­leg­ten Maß­stä­be hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass sich ein sol­cher­ma­ßen sach­lich be­grün­de­tes In­ter­es­se von Zahn­ärz­ten an dem Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten an die Klä­ge­rin nicht fest­stel­len las­se. Das In­ter­es­se kön­ne nicht schon dar­aus ge­schlos­sen wer­den, dass die an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­te ih­re Te­le­fon­num­mer in öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen ver­öf­fent­lich­ten, denn dies die­ne aus­schlie­ß­lich da­zu, die Er­reich­bar­keit für Pa­ti­en­ten zu ge­währ­leis­ten. Der Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten zur Ge­winn­erzie­lung sei auch we­der ty­pisch noch we­sent­lich für die Tä­tig­keit ei­nes Zahn­arz­tes. Im Üb­ri­gen dürf­te der Ver­bleib von Edel­me­tall­res­ten im Be­sitz des Zahn­arz­tes eher die Aus­nah­me sein, da die­se üb­li­cher­wei­se nach der zahn­ärzt­li­chen Be­hand­lung dem be­trof­fe­nen Pa­ti­en­ten als de­ren Ei­gen­tü­mer über­ge­ben wür­den, der dar­über nach Be­lie­ben ver­fü­gen kön­ne.

61 Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, ein die mut­ma­ß­li­che Ein­wil­li­gung im Sin­ne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG in­di­zie­ren­des sach­li­ches In­ter­es­se des An­zu­ru­fen­den an der Te­le­fon­wer­bung kön­ne hier nicht ver­mu­tet wer­den, ist re­vi­si­ons­ge­richt­lich nicht zu be­an­stan­den. Bei den die­ser recht­li­chen Wür­di­gung zu­grun­de­lie­gen­den An­nah­men, dass zum ei­nen die Ver­öf­fent­li­chung der Te­le­fon­num­mern der Zahn­ärz­te in öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Ver­zeich­nis­sen aus­schlie­ß­lich da­zu dient, die Er­reich­bar­keit für Pa­ti­en­ten zu ge­währ­leis­ten, und dass zum an­de­ren der Ver­kauf von Edel­me­tall­res­ten zur Ge­winn­erzie­lung we­der ty­pisch noch we­sent­lich für die Tä­tig­keit ei­nes Zahn­arz­tes ist, han­delt es sich um tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen, an die der Se­nat man­gels durch­grei­fen­der Ver­fah­rens­rü­gen ge­mäß § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den ist. Da­her sind die Ein­wän­de der Re­vi­si­on un­be­acht­lich, dass die Ver­öf­fent­li­chung der Kon­takt­da­ten meh­re­re auf der Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht des je­wei­li­gen Zahn­arz­tes be­ru­hen­de Zwe­cke ver­fol­gen kön­ne, dass bei den Zahn­ärz­ten re­gel­mä­ßig mit Zu­stim­mung ih­rer Pa­ti­en­ten Edel­me­tal­le ver­blie­ben, die der Rück­ge­win­nung zu­ge­führt wer­den könn­ten, und dass die Ver­wer­tung von Edel­me­tall­res­ten sich da­mit auch als ty­pi­sche Tä­tig­keit ei­nes Zahn­arz­tes dar­stel­le.

62 (2) Die Klä­ge­rin hat auch nicht des­halb ei­nen An­spruch auf ei­ne er­neu­te Sach­ent­schei­dung, weil es an ei­ner auf die nun­mehr gel­ten­de Rechts­la­ge be­zo­ge­nen Er­mes­sens­aus­übung der Be­klag­ten feh­len wür­de.

63 Zwar räumt die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung der Auf­sichts­be­hör­de ein Er­mes­sen hin­sicht­lich der Art und Wei­se ein, wie sie der fest­ge­stell­ten Un­zu­läng­lich­keit ab­hilft, da Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO der Auf­sichts­be­hör­de die Be­fug­nis ver­leiht, ver­schie­de­ne Ab­hil­fe­maß­nah­men zu er­grei­fen. Der Auf­sichts­be­hör­de ob­liegt es, un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de des kon­kre­ten Falls das ge­eig­ne­te und er­for­der­li­che Mit­tel zu wäh­len (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 16. Ju­li 2020 ‌- C-311/18 [ECLI:​​EU:​​C:​​2020:​​559], Face­book Ire­land und Schrems - Rn. 112, vom 7. De­zem­ber 2023 - C-26 und 64/22 - Rn. 68 und vom 26. Sep­tem­ber 2024 ‌- C-768/21 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​785], Land Hes­sen - Rn. 37). Da­bei hat sie das Er­for­der­nis zu be­rück­sich­ti­gen, über die um­fas­sen­de Ein­hal­tung der Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung zu wa­chen und durch ei­nen klar durch­setz­ba­ren Rechts­rah­men ein gleich­mä­ßi­ges und ho­hes Schutz­ni­veau für per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten zu ge­währ­leis­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 26. Sep­tem­ber 2024 - C-768/21 - Rn. 38 und 40).

64 Das der Auf­sichts­be­hör­de hier­nach grund­sätz­lich ein­ge­räum­te Er­mes­sen ist im vor­lie­gen­den Fall je­doch da­hin­ge­hend re­du­ziert, dass die Be­klag­te ein­zu­schrei­ten hat und ein Ver­bot der Ver­ar­bei­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten von In­ha­bern von Zahn­arzt­pra­xen oh­ne de­ren Ein­wil­li­gung für den Zweck ei­ner te­le­fo­ni­schen Wer­be­an­spra­che ge­mäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO ver­hän­gen muss.

65 Ein Nicht­ein­schrei­ten der Be­klag­ten kommt im vor­lie­gen­den Fall of­fen­sicht­lich nicht in Be­tracht. Zwar kann die Auf­sichts­be­hör­de aus­nahms­wei­se und un­ter Be­rück­sich­ti­gung der be­son­de­ren Um­stän­de des kon­kre­ten Falls vom Er­grei­fen ei­ner Ab­hil­fe­maß­nah­me nach Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO ab­se­hen, so­fern der Si­tua­ti­on, die ei­nen Ver­stoß ge­gen die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung be­grün­de­te, be­reits ab­ge­hol­fen wur­de, die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten im Ein­klang mit die­ser Ver­ord­nung durch den hier­für Ver­ant­wort­li­chen ge­währ­leis­tet ist und ein sol­ches Nicht­ein­schrei­ten der Auf­sichts­be­hör­de nicht ge­eig­net ist, das Er­for­der­nis ei­nes klar durch­setz­ba­ren Rechts­rah­mens zu be­ein­träch­ti­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 26. Sep­tem­ber 2024 - C-768/21 - Rn. 43 und 46). Ein sol­cher Aus­nah­me­fall liegt hier in­des of­fen­sicht­lich nicht vor. Denn die Klä­ge­rin be­ab­sich­tigt aus­drück­lich die Fort­set­zung der von der Be­klag­ten be­an­stan­de­ten Da­ten­ver­ar­bei­tung.

66 Hin­sicht­lich der Aus­wahl der kon­kre­ten Ab­hil­fe­maß­nah­me ist das der Auf­sichts­be­hör­de nach Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO grund­sätz­lich ein­ge­räum­te Er­mes­sen im vor­lie­gen­den Fall da­hin­ge­hend re­du­ziert, dass nur ein Ver­bot ge­mäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO ge­eig­net, er­for­der­lich und ver­hält­nis­mä­ßig ist, um dem fest­ge­stell­ten Ver­stoß ge­gen die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung ab­zu­hel­fen. Die in Art. 58 Abs. 2 Buchst. c, d, e, g, h und j DS­G­VO ge­nann­ten Ab­hil­fe­be­fug­nis­se sind an­ge­sichts der Art des Ver­sto­ßes ge­gen die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung von vorn­her­ein nicht ein­schlä­gig. Bei der in Art. 58 Abs. 2 Buchst. i DS­G­VO ge­nann­ten Ver­hän­gung ei­ner Geld­bu­ße han­delt es sich nicht um ei­ne we­ni­ger ein­griffs­in­ten­si­ve Maß­nah­me als bei dem auf Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DS­G­VO ge­stütz­ten Ver­bot. Zu­dem wird in Art. 58 Abs. 2 Buchst. i und Art. 83 Abs. 2 Satz 1 DS­G­VO klar­ge­stellt, dass ei­ne Geld­bu­ße nicht nur an­stel­le, son­dern auch zu­sätz­lich zu den an­de­ren in Art. 58 Abs. 2 DS­G­VO ge­nann­ten Maß­nah­men ver­hängt wer­den kann. Mit dem Ein­wand, die Be­hör­de ha­be die Mög­lich­keit ei­ner für die Klä­ge­rin un­güns­ti­ge­ren Ent­schei­dung nicht in ih­re Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen ein­be­zo­gen, könn­te die Klä­ge­rin kei­ne Neu­be­schei­dung des An­trags auf Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens er­rei­chen.

67 Als im Ver­hält­nis zu dem Ver­bot we­ni­ger ein­griffs­in­ten­si­ve Al­ter­na­ti­ven wä­ren zwar grund­sätz­lich die in Art. 58 Abs. 2 Buchst. a und b DS­G­VO ge­nann­ten Ab­hil­fe­be­fug­nis­se in Er­wä­gung zu zie­hen. Da­nach ist die Auf­sichts­be­hör­de be­fugt, ei­nen Ver­ant­wort­li­chen oder ei­nen Auf­trags­ver­ar­bei­ter zu war­nen, dass be­ab­sich­tig­te Ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge vor­aus­sicht­lich ge­gen die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung ver­sto­ßen, oder zu ver­war­nen, wenn Ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge zu ei­nem Ver­stoß ge­gen die Be­stim­mun­gen die­ser Ver­ord­nung ge­führt ha­ben. Bei der von der Klä­ge­rin be­trie­be­nen Da­ten­ver­ar­bei­tung zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung oh­ne aus­drück­li­che Ein­wil­li­gung der an­ge­ru­fe­nen Zahn­ärz­te sind je­doch we­der ei­ne War­nung ge­mäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. a DS­G­VO noch ei­ne Ver­war­nung ge­mäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DS­G­VO als ge­eig­ne­te Ab­hil­fe­maß­nah­men an­zu­se­hen. Denn da es der Klä­ge­rin - wie aus­ge­führt - be­reits an ei­nem be­rech­tig­ten In­ter­es­se im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 Buchst. f DS­G­VO fehlt, steht fest, dass ei­ne da­ten­schutz­rechts­kon­for­me Aus­ge­stal­tung der in Re­de ste­hen­den Ver­ar­bei­tung nicht mög­lich ist. Dem Er­for­der­nis, durch ei­nen klar durch­setz­ba­ren Rechts­rah­men ein gleich­mä­ßi­ges und ho­hes Schutz­ni­veau für per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten zu ge­währ­leis­ten (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 26. Sep­tem­ber 2024 - C-768/21 - Rn. 38 und 40), kann da­her nur im We­ge der Be­grün­dung ei­ner voll­zieh­ba­ren Rechts­pflicht der Klä­ge­rin, die Ver­ar­bei­tung ab­zu­stel­len, hin­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen wer­den.

68 4. Ist nach al­le­dem ein An­spruch der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te auf Auf­he­bung des be­stands­kräf­ti­gen Be­scheids vom 10. Ja­nu­ar 2017 im We­ge des Wie­der­auf­grei­fens des Ver­fah­rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SV­wVfG nicht ge­ge­ben, weil die Auf­recht­erhal­tung des Ver­wal­tungs­ak­tes un­ter Be­rück­sich­ti­gung der neu­en Rechts­la­ge recht­mä­ßig ist, steht da­mit zu­gleich fest, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt den von der Klä­ge­rin wei­ter gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf ei­ne feh­ler­freie Er­mes­sens­ent­schei­dung über das Wie­der­auf­grei­fen des Ver­fah­rens (im wei­te­ren Sin­ne) nach § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 SV­wVfG oh­ne Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht ver­neint hat.

69 5. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 Vw­GO.